Samstag, 27. April 2013

"Watchmen"


(Filmreview R. Sutter)

Inhalt
Wir schreiben das Jahr 1985. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben, mit tatkräftiger Unterstützung des gottgleichen Dr. Manhattan, den Vietnamkrieg gewonnen. Präsident Nixon weilt noch immer im Amt, und die Welt steht kurz vor dem Atomkrieg.

Eines Abends wird der ehemalige Superheld "The Comedian" in seinem Apartment aus dem 30. Stock geworfen. Der Komödiant war einst ein gefürchteter Rächer des Rechts und ein Mitglied der Watchmen. Nach dem 1977 erfolgten Verbot von Superhelden avancierte er zu einem gnadenlosen Auftragskiller für die Regierung. Der als schlichter Raubüberfall getarnte Fall wirft jedoch einige Fragen auf. Dies ist für den einzig noch aktiven Superheld, Rorschach, Grund genug, der Sache nachzugehen. Es scheint fast so, als würde ein Killer Jagd auf die ehemaligen kostümierten Helden machen und einen nach dem anderen ausschalten. Allmählich kommt Rohrschach einer gewaltigen Verschwörung auf die Spur, die zur Auslöschung der Menschheit führen könnte.

Kritik
Halten wir uns nicht lange mit einem Vorgeplänkel auf. Die 12teilige "Watchmen"-Reihe ist für die Comicszene das, was "Dune" für die Science Fiction und "Herr der Ringe" für die Fantasy ist. Ein kraftvolles, komplexes, intelligentes Werk, überhäuft mit zahlreichen Preisen (als einziger Comic der Welt wurde "Watchmen" mit dem prestigeträchtigen Hugo Nebula-Award ausgezeichnet). "Watchmen" galt als unverfilmbar und so manch grosser Name in der Filmbranche hat sich an dem Stoff die Zähne ausgebissen. Schliesslich fand sich dennoch ein Kerl, der ebenfalls erkannte, dass die Vorlage einen prächtigen Streifen abgeben würde, und der gewillt war, viel Herzblut in dessen Realisierung zu stecken. Wer? Der Regisseur eines Zombiefilms, Zack Snyder. Und so eindrücklich die Vorlage, so eindrücklich ist auch der Film geworden, der selbst Schwergewichte wie "The Dark Knight" reichlich alt aussehen lässt.

Wer "Watchmen" nicht kennt, sollte sich erst von der Vorstellung verabschieden, er habe es hier mit einem dieser typischen Karneval-Filme à la "X-Men" oder "Fantastic Four" zu tun. Mitnichten. Von allen selbsternannten Helden verfügt lediglich der blaue, von der Menschheit gelangweilte Dr. Manhatten über unglaubliche Kräfte. Die anderen bestechen durch Fähigkeiten, die nahezu perfektioniert wurden. Sie alle sind Spezialisten ihres Fachs und sie alle sind voller Zweifel, Wut und haben überaus menschliche Probleme, die in diesem Genre normalerweise nicht zu finden sind (Alkoholismus, Gewaltbereitschaft, Impotenz usw.). "Watchmen" portraitiert eine alternative Realität, in der die politische und ökonomische Entwicklung des vergangenen Jahrhunderts geschickt mit den Konventionen des Superheldengenres verbunden und ungemein stimmungsvoll wiedergegeben und weitergesponnen wird.

"Watchmen" ist ebenso bedrückend wie düster und trotz des Szenarios von einem seltsamen Realismus umgeben. Man wird förmlich in die Geschichte hineingesogen, und es fällt kaum auf, dass es in dem zweieinhalb Stunden dauernden Film gerade einmal drei (ziemlich brutale) Actionsequenzen gibt. Die Story mag kopflastiger sein, als bei jeder Comicverfilmung, die vorher in den Lichtspielhäusern gezeigt wurde, aber dies macht den Streifen in keinster Weise zäh oder langweilig. Die Inszenierung strotzt vor Einfallsreichtum und Details, aber auch von schonungsloser Härte. Brutalität wird mit aller Deutlichkeit gezeigt und dient der Entmystifizierung der Helden. Die Gewalt wird uncool, dafür umso direkter und ehrlich gezeigt. Wenn Helden plötzlich zu Vergewaltigern werden, Schwangere erschiessen oder tatenlos dabei zusehen, gibt es keine Michael-Bay-artigen Ein-Sekunden-Schnitte und auf Hochglanz polierte Bilder.

Regisseur Synder beweist ein fantastisches Händchen für Atmosphäre, Spannung und Stil und wird dabei von zwar mehrheitlich unbekannten, aber überaus charismatischen Schauspielern unterstützt. Allen voran der grösstenteils hinter einer Maske agierende Darsteller des Rorschachs, Jackie Earle Haley (Filmfans sollten sich den Namen merken). Eine grandiose Performance, eine fantastische Stimme.

Man möchte eigentlich gar nicht näher auf den Film eingehen und durch Spoiler oder Erklärungen das Vergnügen beim Zuschauer schmälern oder die Erwartungen ins übermässige steigern. "Watchmen" bietet nebst der stillvollen Inszenierung vor allem zahlreiche Denkansätze, über die es sich zu diskutieren lohnt und deren Antworten bzw. Lösungen freilich nicht einfach zu vertreten sind.

 Fazit
"Watchmen" ist erstklassige Kino-Unterhaltung. Obschon die Grundstory im Prinzip simpel ist, wird die Geschichte so dicht und clever erzählt und grandios präsentiert, dass man Vergleichbares in diesem Gerne nur selten findet. Nach "The Dark Knight" ist "Watchmen" der zweite grosse Streifen, der beweisst, das Comicverfilmungen mehr zu bieten haben als der kindische Kampf zwischen dem strahlenden, perlweissen Helden und dem dunklen entstellten Bösen. "Watchmen" mag in vielerlei Hinsicht anders sein, unbequem, anstrengend, fordernd, aber wer sich darauf einlässt, wird es kaum bereuen.



Produktion
Regie: Zack Snyder
Kamera: Larry Fong
Musik: Tyler Bates
Drehbuch: Alex Tse, David Hayter
Nach dem Comic von: David Gibbons & Alan Moore

 Darsteller
Jackie Earl Haley (als Rorschach)
Malin Ackerman (als Silk Spectre II)
Carla Gugino (als (als Silk Spectre)
Jeffrey Dean Morgan (als Comedian)
Patrick Wilson (als Nite Owl II)


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