(Review R. Sutter)
Inhalt
Es war für uns alle ein gewöhnlicher Tag. Wir gingen unseren Jobs nach, machten
uns keine Gedanken über die Zukunft und lebten unser Leben. Und während wir mit
den Kindern in unseren gepflegten kleinen Vorgärten spielten, zogen über uns
dunkle Wolken auf. Ein Stromausfall legte die ganze Stadt lahm. War es eine
Sonneneruption? Unmöglich. Als die Hölle losbrach, dachten wir alle an einen neuen
grausamen Terroranschlag, aber es war viel mehr. Wir flohen aus unseren Häusern
aufs Land hinaus, doch wohin wir auch kamen, der unbekannte Feind war schon da.
Er empfing uns mit Waffen, die wir nicht kannten, mit Maschinen, die wir nie
zuvor gesehen hatten. Was nun? Wir haben nicht den Hauch einer Chance. Die
Weltmacht Nummer 1 ist gefallen und mit ihr alle Nationen dieser Erde. Ganze
Kontinente scheinen ausgelöscht. Niemand ist da, der uns hilft. Keiner steht
uns bei. Selbst Gott hat uns verlassen. Die Opferzahlen steigen ins
Unermessliche. Wir glaubten erst an den Dritten Weltkrieg, aber wir irrten uns.
Dies ist kein Krieg. Dies ist Ausrottung. Und wir, wir alle, werden sterben.
Kritik
Es gibt viele talentierte Regisseure, aber es gibt nur einen Spielberg. Und
Spielberg wäre nicht der Meister seiner Zunft, wäre sein "Krieg der
Welten" eine akkurate und somit altbackene Umsetzung von H.G. Wells
berühmter 1897 erschienener Novelle (ein solcher Film ist übrigens in der
Mache) oder gar ein Klon von Roland Emmerichs schrecklich infantilem "Independence
Day". "Krieg der Welten" ist Old-School-Science-Fiction, das
heißt, dieser Film ist nicht (nur) auf plakative Effekthascherei angelegt (Sie
werden weder die hundertste Zerstörung des Empire State Buildings noch das
Zusammenbrechen des Eiffelturms sehen), sondern der Film versucht, dem
Zuschauer einen Spiegel unserer Zeit vorzuhalten, die unübersehbar von der Ära
des 11. Septembers geprägt ist. Die ständige Angst ist spürbar, die Bedrohung
wirkt erschreckend real und die Zerstörung, das Leid der Menschen, geht einem
unter die Haut. Vergleichbar am ehesten noch mit der Intensität eines
"Saving Privat Ryan". Der Film erscheint schlussendlich als Metapher
auf unsere Urängste und den Verlust der falschen Sicherheit, in der wir uns
einst wähnten.
Spielberg verlässt niemals den Blickwinkel seiner Protagonisten, bleibt auf
Augenhöhe und ständig in unmittelbarer Nähe. Dies sorgt für eine packende
Atmosphäre, die man bei einem typischen Sommerblockbuster nicht erwarten würde.
Für einen Popcorn-Film ist er überraschend düster und brutal geraten, was ihn
schlussendlich an den Kinokassen wohl nicht so erfolgreich machen wird. Echte
Horror-Momente gibt es zwar nicht, dafür sind die schaurigen Augenblicke umso
zahlreicher.
Der gesamte Streifen spielt in einem unbedeutenden ländlichen Gebiet der USA,
aber obwohl der Rest der Welt fast vorwiegend ausgeklammert wird (alles, was
wir von der übrigen Welt erfahren, stammt aus dem Radio oder dem Fernsehen),
stört dies beileibe nicht. In diesem Streifen geht es nicht um Patriotismus
oder Heldentum, es geht um das Schicksal einer einzigen Familie (wie so oft bei
Spielberg), die so normal, ja geradezu durchschnittlich ist, dass es sie in
jedem Land, auf jedem Kontinent dieses Planeten geben könnte. Hier sterben
nicht Tausende von Menschen, während der Held coole Sprüche reißt und sich
genüsslich eine Zigarre ansteckt. Denn wieder einmal überrascht uns Hollywood
mit Charakteren, die keine Supermenschen sind. Figuren, die Angst haben,
weinen, verzweifeln, hoffnungslos überfordert sind und einfach nur überleben
wollen. Wenn der Sohn seinem Vater vorwirft, sich nicht heldenhaft in die
Schlacht zu stürzen und stattdessen feige zu seiner Ex-Frau fliehen will, weil
er bereits mit seinen zwei Kindern total überfordert ist, entsteht inmitten der
spannungsgeladenen Action, zwischen Explosionen und gigantischen Feuersbrünsten
hinreißendes Gefühlskino.
Steven Spielberg bietet dem Zuschauer zwei Stunden Non-Stop-Spannung, die so
gnadenlos packend inszeniert sind, dass der Film einen nicht mehr loslässt.
Gerade mal zehn Minuten dauert es, ehe die Höhle losbricht. Viel zur
Glaubwürdigkeit tragen die Darsteller bei. Großes Lob geht auch an das penetrant
dauergrinsende Scientology-Aushängeschild. Egal ob man Tom Cruise nun mag oder
nicht, er ist ohne Zweifel ein toller Schauspieler mit einer Bandbreite an
Emotionen, die einen umhaut. Wie bereits in "The Last Samurai" oder
"Collateral" beeindruckt er einmal mehr mit seiner zu jeder Zeit
glaubwürdigen Performance. Sein Spiel als entsetzter, völlig überforderter
Vater ist genauso perfekt wie das von Dakota Fanning (die dessen Tochter
spielt) oder das des stets bravourösen Tim Robbins, der den in den Wahnsinn
abdriftenden Ogilvy verkörpert.
Im Trailer sieht man die Aliens und ihre gewaltigen Maschinen nicht. Im Film
selbst sind sie eher selten vertreten. Sie sind einfach der Feind. Woher sie
kommen, bleibt unklar, wie lange sie schon unter uns weilten und warum sie
überhaupt warteten, ebenfalls. Einige Filmkritiker erachten es sicherlich als
Betrug am Zuschauer oder als B-Movie-Aspekt, wenn den Aliens keine wirklichen
Motive gegeben werden und keine Erklärungen erfolgen, sie schlicht und einfach
nur böse sind, aber es ist nur konsequent, realistischer und eigentlich auch
ehrlicher. Wenn Sie vielleicht als Kleinkind auf einem Ameisenhaufen
herumgetrampelt sind, hatten Sie dann als Motiv Massenmord im Sinn? Sicher
nicht. Die Technologie der Aliens ist dermaßen hoch, dass unsere vermeintliche
Zivilisation nicht weiter beachtenswert ist. Wir sind nur die Schädlinge auf
dem Boden der Erde, die mit Pestiziden oder Gewalt ausgerottet werden müssen,
um Platz zu machen. Wir verhalten uns anderen Lebewesen (sogar unserer eigenen
Rasse gegenüber) auch heute noch so. Mag sein, dass dieser Vergleich etwas
hinkt, aber im Prinzip tut es "Krieg der Welten" nur gut, wenn die
Aliens nicht mit menschlichen Attributen weichgespült und ihnen dadurch ein
Großteil ihrer unheimlichen Faszination genommen wird.
Wenn ich nun aber sage, dass mich das Ende sehr enttäuscht, dann nicht, weil
ich es von H.G. Wells bereits kenne, sondern weil es genau das Ende ist, das
für Spielberg leider so verdammt typisch ist. Wenn Sie seine Filme kennen, dann
wissen Sie, wie der Film ausgehen wird, noch bevor die erste Alienmaschine aus
dem Boden stampft. Es gibt aber auch noch weitere kleine Kritikpunkte. Das Drehbuch
wurde von David Koepp geschrieben, dem gleichen Autor wie bei Spielbergs
"Jurassic Park". Es ist überaus schade, dass er sich für seine neue
Arbeit gelegentlich selbst kopiert hat, zumal sein Skript ansonsten wirklich
tadellos ist.
Fazit
Tja, was soll man noch sagen? Sie mögen Science-Fiction? Sie mögen gute
Filme? Auf was warten Sie dann noch?
Produktion
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: H.G. Wells (Roman), David Koepp
Kamera: Janusz Kaminski
Darsteller
Tom Cruise (Ray Ferrier)
Tim Robbins (Ogilvy)
Dakota Fanning (Rachel Ferrier)
Miranda Otto (Mary Ann Ferrier)
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