Dienstag, 30. April 2013

"Krieg der Welten"

(Review R. Sutter)

Inhalt
Es war für uns alle ein gewöhnlicher Tag. Wir gingen unseren Jobs nach, machten uns keine Gedanken über die Zukunft und lebten unser Leben. Und während wir mit den Kindern in unseren gepflegten kleinen Vorgärten spielten, zogen über uns dunkle Wolken auf. Ein Stromausfall legte die ganze Stadt lahm. War es eine Sonneneruption? Unmöglich. Als die Hölle losbrach, dachten wir alle an einen neuen grausamen Terroranschlag, aber es war viel mehr. Wir flohen aus unseren Häusern aufs Land hinaus, doch wohin wir auch kamen, der unbekannte Feind war schon da. Er empfing uns mit Waffen, die wir nicht kannten, mit Maschinen, die wir nie zuvor gesehen hatten. Was nun? Wir haben nicht den Hauch einer Chance. Die Weltmacht Nummer 1 ist gefallen und mit ihr alle Nationen dieser Erde. Ganze Kontinente scheinen ausgelöscht. Niemand ist da, der uns hilft. Keiner steht uns bei. Selbst Gott hat uns verlassen. Die Opferzahlen steigen ins Unermessliche. Wir glaubten erst an den Dritten Weltkrieg, aber wir irrten uns. Dies ist kein Krieg. Dies ist Ausrottung. Und wir, wir alle, werden sterben.

Kritik
Es gibt viele talentierte Regisseure, aber es gibt nur einen Spielberg. Und Spielberg wäre nicht der Meister seiner Zunft, wäre sein "Krieg der Welten" eine akkurate und somit altbackene Umsetzung von H.G. Wells berühmter 1897 erschienener Novelle (ein solcher Film ist übrigens in der Mache) oder gar ein Klon von Roland Emmerichs schrecklich infantilem "Independence Day". "Krieg der Welten" ist Old-School-Science-Fiction, das heißt, dieser Film ist nicht (nur) auf plakative Effekthascherei angelegt (Sie werden weder die hundertste Zerstörung des Empire State Buildings noch das Zusammenbrechen des Eiffelturms sehen), sondern der Film versucht, dem Zuschauer einen Spiegel unserer Zeit vorzuhalten, die unübersehbar von der Ära des 11. Septembers geprägt ist. Die ständige Angst ist spürbar, die Bedrohung wirkt erschreckend real und die Zerstörung, das Leid der Menschen, geht einem unter die Haut. Vergleichbar am ehesten noch mit der Intensität eines "Saving Privat Ryan". Der Film erscheint schlussendlich als Metapher auf unsere Urängste und den Verlust der falschen Sicherheit, in der wir uns einst wähnten.

Spielberg verlässt niemals den Blickwinkel seiner Protagonisten, bleibt auf Augenhöhe und ständig in unmittelbarer Nähe. Dies sorgt für eine packende Atmosphäre, die man bei einem typischen Sommerblockbuster nicht erwarten würde. Für einen Popcorn-Film ist er überraschend düster und brutal geraten, was ihn schlussendlich an den Kinokassen wohl nicht so erfolgreich machen wird. Echte Horror-Momente gibt es zwar nicht, dafür sind die schaurigen Augenblicke umso zahlreicher.

Der gesamte Streifen spielt in einem unbedeutenden ländlichen Gebiet der USA, aber obwohl der Rest der Welt fast vorwiegend ausgeklammert wird (alles, was wir von der übrigen Welt erfahren, stammt aus dem Radio oder dem Fernsehen), stört dies beileibe nicht. In diesem Streifen geht es nicht um Patriotismus oder Heldentum, es geht um das Schicksal einer einzigen Familie (wie so oft bei Spielberg), die so normal, ja geradezu durchschnittlich ist, dass es sie in jedem Land, auf jedem Kontinent dieses Planeten geben könnte. Hier sterben nicht Tausende von Menschen, während der Held coole Sprüche reißt und sich genüsslich eine Zigarre ansteckt. Denn wieder einmal überrascht uns Hollywood mit Charakteren, die keine Supermenschen sind. Figuren, die Angst haben, weinen, verzweifeln, hoffnungslos überfordert sind und einfach nur überleben wollen. Wenn der Sohn seinem Vater vorwirft, sich nicht heldenhaft in die Schlacht zu stürzen und stattdessen feige zu seiner Ex-Frau fliehen will, weil er bereits mit seinen zwei Kindern total überfordert ist, entsteht inmitten der spannungsgeladenen Action, zwischen Explosionen und gigantischen Feuersbrünsten hinreißendes Gefühlskino.

Steven Spielberg bietet dem Zuschauer zwei Stunden Non-Stop-Spannung, die so gnadenlos packend inszeniert sind, dass der Film einen nicht mehr loslässt. Gerade mal zehn Minuten dauert es, ehe die Höhle losbricht. Viel zur Glaubwürdigkeit tragen die Darsteller bei. Großes Lob geht auch an das penetrant dauergrinsende Scientology-Aushängeschild. Egal ob man Tom Cruise nun mag oder nicht, er ist ohne Zweifel ein toller Schauspieler mit einer Bandbreite an Emotionen, die einen umhaut. Wie bereits in "The Last Samurai" oder "Collateral" beeindruckt er einmal mehr mit seiner zu jeder Zeit glaubwürdigen Performance. Sein Spiel als entsetzter, völlig überforderter Vater ist genauso perfekt wie das von Dakota Fanning (die dessen Tochter spielt) oder das des stets bravourösen Tim Robbins, der den in den Wahnsinn abdriftenden Ogilvy verkörpert.

Im Trailer sieht man die Aliens und ihre gewaltigen Maschinen nicht. Im Film selbst sind sie eher selten vertreten. Sie sind einfach der Feind. Woher sie kommen, bleibt unklar, wie lange sie schon unter uns weilten und warum sie überhaupt warteten, ebenfalls. Einige Filmkritiker erachten es sicherlich als Betrug am Zuschauer oder als B-Movie-Aspekt, wenn den Aliens keine wirklichen Motive gegeben werden und keine Erklärungen erfolgen, sie schlicht und einfach nur böse sind, aber es ist nur konsequent, realistischer und eigentlich auch ehrlicher. Wenn Sie vielleicht als Kleinkind auf einem Ameisenhaufen herumgetrampelt sind, hatten Sie dann als Motiv Massenmord im Sinn? Sicher nicht. Die Technologie der Aliens ist dermaßen hoch, dass unsere vermeintliche Zivilisation nicht weiter beachtenswert ist. Wir sind nur die Schädlinge auf dem Boden der Erde, die mit Pestiziden oder Gewalt ausgerottet werden müssen, um Platz zu machen. Wir verhalten uns anderen Lebewesen (sogar unserer eigenen Rasse gegenüber) auch heute noch so. Mag sein, dass dieser Vergleich etwas hinkt, aber im Prinzip tut es "Krieg der Welten" nur gut, wenn die Aliens nicht mit menschlichen Attributen weichgespült und ihnen dadurch ein Großteil ihrer unheimlichen Faszination genommen wird.

Wenn ich nun aber sage, dass mich das Ende sehr enttäuscht, dann nicht, weil ich es von H.G. Wells bereits kenne, sondern weil es genau das Ende ist, das für Spielberg leider so verdammt typisch ist. Wenn Sie seine Filme kennen, dann wissen Sie, wie der Film ausgehen wird, noch bevor die erste Alienmaschine aus dem Boden stampft. Es gibt aber auch noch weitere kleine Kritikpunkte. Das Drehbuch wurde von David Koepp geschrieben, dem gleichen Autor wie bei Spielbergs "Jurassic Park". Es ist überaus schade, dass er sich für seine neue Arbeit gelegentlich selbst kopiert hat, zumal sein Skript ansonsten wirklich tadellos ist.

Fazit

Tja, was soll man noch sagen? Sie mögen Science-Fiction? Sie mögen gute Filme? Auf was warten Sie dann noch?





Produktion
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: H.G. Wells (Roman), David Koepp
Kamera: Janusz Kaminski
Darsteller
Tom Cruise (Ray Ferrier)
Tim Robbins (Ogilvy)
Dakota Fanning (Rachel Ferrier)
Miranda Otto (Mary Ann Ferrier)

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