Samstag, 27. April 2013

"Planet Terror" - Mietzen und Metzeleien

(Filmreview R. Sutter)

Inhalt
Über einer texanischen Kleinstadt schwebt eines Nachts eine Giftwolke, die einen Teil der Bevölkerung zu sabbernden Zombies werden lässt. Für die Nichtinfizierten beginnt ein ekliger Kampf ums Überleben.

Kritik
Wir streben danach, uns stetig zu steigern und besser zu werden als diejenigen, die vor uns kamen. Wer in Hollywood die talentierten Greenhorns und Jungspunde nach deren Mentoren und Vorbilder fragt, erhält wenig überraschend Namen wie Orson Welles, Akira Kurosawa, Stanley Kubrick, Francois Truffaut, Martin Scorsese, Steven Spielberg, James Cameron, Francis Ford Coppola oder wie sie alle heissen. Visuelle Genies. Meister der Inszenierung. Überväter, die Generationen von Filmemachern inspirieren und anspornen. Die meisten Filmemacher besitzen nicht annähernd soviel Hingabe und handwerkliches Geschick wie diese Regiegötter, also tun sie das, was alle anderen auch tun: klauen.

Sie klauen, was man nur klauen kann, Filmideen oder ganze Szenenabläufe. Es werden Kleinigkeiten verändert, und es wird neu arrangiert, in der Hoffnung, von niemandem dabei ertappt zu werden. Das Klauen wird zur Kopie. Die Kopie zur Hommage. Und niemand bezweifelt ernsthaft das weise Sprichwort: besser gut geklaut als schlecht selbst kreiert. Manche schaffen es, aus dem Schatten ihrer Vorbilder herauszutreten und ihren eigenen Stil zu finden, wie beispielsweise M. Night Shyamalan ("The 6th Sense"). Andere wie Roger Corman, König der Billigfilmprodu-zenten ("Sador – Herrscher im Weltraum"), kopieren vornehmlich des Geldes wegen. Beides ist legitim. Das Ziel ist immer das Selbe: das Maximum aus seinen Mitteln herauszuholen um berühmt jedoch, vor allem reich zu werden.

Und während es keineswegs verpönt ist, sondern zum guten Ton gehört, sich den besten Filmemachern zuzuwenden, braucht es ausgesprochen viel Selbstvertrauen, das genaue Gegenteil zu tun. Welcher Regisseur klaut für seinen neuen Film von den Ed Woods ("Plan 9 from other Space") dieser Welt? Wer eifert den schlechtesten und dümmsten Filmen nach? Diese Fragen wurde diesen Sommer beantwortet. Vier Typen! Robert Rodriguez ("Sin City"), Quentin Taran-tino ("Kill Bill") und die Weinstein Brothers. Letztere müssen sich dafür verantworten, einen Haufen Geld in einen filmischen Schwachsinn gesteckt zu haben. Einem Projekt namens "Grind-house", deren Sinn es war, die gute alte Zeit wiederaufleben zu lassen, als man zwei Schundfil-me zum Preis von einem anschauen durfte. Die Art Film, die heute vermehrt Kultstatus besitzt, aber prinzipiell nur an einer Party für Stimmung sorgen kann, bei deren die Menschen besoffen und pubertär sind.

Nachdem sich das Grindhouse-Projekt (bestehend aus "Planet Terror" und dem gleich darauf folgenden "Death Proof" von Tarantino) als übler Flop entpuppte, war scheinbar die gesamte Filmindustrie total perplex und schob die Schuld hierfür gleich der Länge des Films (2x 90 Mi-nuten inkl. Fake-Trailer) in die Schuhe, als ob Filmfans noch nie drei Stunden im Kino verbracht hätten. Die einfachste Lösung dürfte eher der Wahrheit entsprechen: die Filme waren wohl einfach schlecht. Da der Schreiber dieser Zeilen lediglich " Planet Terror" gesehen hat, scheint dies auch nicht sonderlich abwegig zu sein, zumal sich der neuste Streifen des mexikanischen Enfant Terrible tatsächlich als stupider, grottiger Müll entpuppt.

Die Krux mit diesem Film ist die, dass er seinen Sinn perfekt erfüllt. Zumindest wenn man ihn als das sieht, was er gerne wäre. Dieser 2007 entstandene Film sieht exakt so aus, als wäre er in den 60er oder 70er Jahren in den Lichtspielhäusern gezeigt worden. Er ist eine präzise Kopie all der teils üblen Schundfilme die seinerzeit ihr mehr als bescheidenes Budget hereinzuholen ver-suchten. Man könnte auch sagen, dass das Kinoticket eine Zeitreise beinhaltet, so sehr fühlt man sich zurückversetzt. Statt das für übliche Genreverhältnisse üppige Budget in die Ausstattung zu stecken, wurde dies dazu verwendet, die edle Filmrolle mit Kratzern und Schnitten zu verhunzen. Absichtliche Fehler wurden auch in die Tonspur eingefügt. Den grössten Spass erlaubte man sich, als man mitten in einer Sexszene die Filmrolle verbrennen lies (besonders "heiss" war die Szene jedoch keineswegs, eher erstaunlich prüde) und man dann mehrere Filmminuten an Hand-lung (die es nie gab) übersprang mit der lapidaren Einblendung, dass die Filmspule verloren gegangen sei. Handlung ist ohnehin irrelevant. Der Schund ist eine reine Aneinanderreihung von sehr ekligen Szenen, vermischt mit Action, billigem Horror, nur selten witzigem Humor (dies, obwohl der Film gerne als Horrorkomödie durchgehen würde) und coolen Sprüchen. Das einzige Highlight des Films ist dessen genialer Soundtrack. Kaum verwunderlich orientiert sich hier Rodriguez an John Carpenter und dessen Snake Plissken-Theme (aus dem Genremeisterwerk "die Klapperschlange"). Ähnlich atmosphärisch und ebenso cool. Schade, dass dies nicht auch auf die Charaktere zutrifft. Selbst Wray, die zweite Hauptfigur, ist farbloser als ein Glas Wasser. Dessen Sprüche sind genau so öde wie das Schauspiel von Freddy Rodriguez ("Poseidon"). Rose McGowan ("Scream") sieht nett aus, mehr auch nicht. Einzig das Wiedersehen mit den beiden 90er Jahre Beinahe-Stars Michael Biehn ("Terminator", "Aliens") und Jeff Fahey ("der Rasen-mähermann") sorgt für Freude. Fahey bleibt in der Figur des Grillmeisters, welcher immer auf der Suche nach der perfekten BBQ-Sauce ist, auch nach dem Abspann noch ein Weilchen im Gedächtnis.

Fazit

Das man Trashfilmen durchaus nacheifern und mit billigen Mitteln ein Meisterwerk ablie-fern kann, bewies einst das Regieass Alfred Hitchcock mit dem äusserst effektivem "Psycho". Rodriguezs "Planet Terror" ist eine Verbeugung vor filmischem Nonsens. Eine unoriginelle Zombiefarce, hervorragend auf schlecht getrimmt. Doch weder wird dem Genre etwas hinzugefügt, noch wird für ein wenig Glanz gesorgt. Leidlich unterhaltsam, lebt der Film einzig und al-lein von dem etwas überschätzen Ruf seines Erschaffers und dessen Kumpel. Mit viel Goodwill höchsten Genrefans zu empfehlen. 






Produktion
Regie: Robert Rodriguez
Kamera: Robert Rodriguez
Musik: Robert Rodriguez
Drehbuch: Robert Rodriguez


Darsteller: Nein, nicht Robert Rodriguez sondern:
Rose McGowan (als Cherry)
Jeff Fahey (als J.T.)
Michael Biehn (als Sheriff Hague)
Freddy Rodriguez (als Wray)

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