Montag, 29. April 2013

"Total Recall" (Remake)

(Review von R. Sutter, Erschienen in der INCOMING MESSAGE VI - Ausgabe 120 (#173) - Oktober 2012)

Inhalt:
In einer nicht allzu fernen Zukunft ist die Erde in zwei grosse Gebiete aufgeteilt. Fabrikarbeiter Doug Quaid (Colin Farrell) lebt in der Kolonie (ehemaliges Australien) und arbeitet in der Vereinten Föderation Britanniens. Von seinem Leben gelangweilt, nimmt Quaid die Dienste von "Rekall" in Anspruch, um durch künstliche Erinnerungen ein Agentenabenteuer zu erleben. Doch "Rekall" stellt fest, dass in seinem Kopf bereits herum gepfuscht wurde und er ein Spion ist, welcher vom ebenso mächtigen wie zwielichtigen Kanzler Cohaagen gesucht wird…

Kritik:
Da es in den Shoppingmeilen Hollywoods offensichtlich keine Bücher zu kaufen gibt und man auch lieber Brettspiele wie "Schiffe versenken" ("Battleship") verfilmt statt sich womöglich eher storylastigen Computer-Games wie "System Shock", "Half-Life" oder "Deus Ex" zu bedienen, liegt es nahe, Remakes von alten Filmen zu drehen. Immerhin darf man von den Drehbuchautoren nicht erwarten, sich selbst eine Vision der Zukunft auszudenken und diese auf Papier zu bringen. Warum auch?

Nun, Remake stimmt bei "Total Recall" ohnehin nicht gänzlich, da diese Story auf der Philip-K.-Dick-Kurzgeschichte "We Can Remember It For You Wholesale" basiert. Dass man beim Anschauen dieses Streifens jedoch trotzdem an den alten Film von 1990 denken muss, haben sich die Macher selbst zuzuschreiben, weswegen auch ein direkter Vergleich erlaubt sein sollte. Nein, Colin Farrell besitzt bei Weitem nicht die Präsenz eines Arnold Schwarzeneggers, ein besserer Schauspieler ist Farrell aber allemal. Und nein, leider ist Regisseur Len Wiseman ("Underworld") nicht im Geringsten ein würdiger Nachfolger von Paul Verhoeven ("Robocop", "Starship Troopers"). Wiseman, der sich vor allem dadurch auszeichnet, dass er sich durch nichts auszeichnet, liefert einen durchaus unterhaltsamen, stimmigen und in weiten Teilen sogar guten Science Fiction-Film ab. Eine persönliche Handschrift ist bei Wiseman allerdings in keinem seiner Streifen zu erkennen. Er ist der geborene Handwerker, der seine Filme ohne visuelle Einfälle oder Überraschungen fast fabrikartig abspult. "Total Recall" ist durchaus gelungen, aber dem Film fehlen Momente, die einem auch nach dem Abspann in Erinnerung bleiben. Das Setting ist stimmig, die Schauspieler machen ihre Sache gut und Kate Beckinsale (Miss Wiseman) hat sichtlich Spaß an der Rolle des Bad-Ass-Chicks und stiehlt allen die Show.

Langweilig ist der Film nie, aber blutleer und überraschend gewöhnlich. Trotz der tollen Effekte, die man jedoch alle irgendwie und irgendwo bereits gesehen hat. Die Schauwerte sind enorm. Die Referenzen, teilweise eben ungewollt, sind es leider auch. Die asiatischen Sets erinnern an "Blade Runner", die Fahrzeuge an "Minority Report", die Maschinen an "I, Robot".  Dies geht so weiter bis zum Schluss. Und wenn "Total Recall" Ideen aus dem Vorgängerfilm übernimmt und diese leicht abwandelt, dann verlieren genau alle diese Szenen im direkten Vergleich völlig. Wenn sich Arnold Schwarzenegger im Original einen großen Sender aus der Nase ziehen muss, dann ist man als Zuschauer angewidert und glaubt fast, den Schmerz zu spüren. Szenen, die im Gedächtnis haften bleiben. Im neuen Streifen wird der Sender aus der Hand gezogen. Eine Szene. Überraschend clean, fast banal, schnell vergessen, aber leider bezeichnend für den ganzen Film.

Fazit:
Unfair möchte man nicht sein. Der Streifen hat minutenlange Verfolgungsjagden, zahlreiche wilde Kämpfe, massig Action. Zu sagen, der Film sei schlecht, ist völlig falsch. Ist er nicht einmal ansatzweise. Er ist einfach nur ein Kind seiner Zeit und versucht, es allen recht zu machen. Doch allen bedeutet in der heutigen Zeit schlicht und ergreifend ... allen Teens. Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein. Etwas mehr Sorgfalt in die innere Logik der gezeigten Welt, ein wenig mehr Mühe in der Ausarbeitung der Figuren, ein paar visuelle Überraschungen, und der Film wäre mehr geworden als eine nett anzuschauende Mär, welche das Potenzial ihrer eigentlichen Grundidee erschreckend schnell und achtlos beiseite wischt. Vielleicht ist dies der Grund, weswegen auch der Zuschauer diesen Film trotz guter Unterhaltung schnell ad acta legen wird.






Produktion
Regie: Len Wiseman
Drehbuch: Kurt Wimmer, Ronald Shussett, Dann O'Bannon u.a.
Musik: Harry Gregson-Williams

Darsteller
Colin Farrell
Kate Beckinsale
Jessica Biel
Bryan Cranston


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