(Filmkritik R. Sutter für die DTW-Ausgabe des TZ-Network / erschienen am 26.10.08)
Inhalt
Erneut wurde der Menschheit den Krieg erklärt. Diesmal liegt die Schuld für die drohende Apokalypse jedoch nicht bei finsteren Dämonen, grausigen Monstern oder gierigen Investmentbankern und Börsenspekulanten, sondern bei Elfenprinz Nuada. Dieser will die unbesiegbare Goldene Armee erwecken, um sein zu unrecht verstoßenes Volk zu befreien. Derweil plagen Hellboy und sein Kumpel Abe Sapien ganz andere Sorgen, haben sie doch mit dem protoplasmischen, "deutschen" Wesen Johann Kraus einen neuen Boss erhalten, ganz zu Schweigen von Hellboys süßer Freundin Liz, die mit einem besonderen Geheimnis aufwartet.
Um sich all den grausigen Lakaien Nuadas zu erwehren und sich den tödlichen Gefahren weiblichen Temperaments zu stellen, müssen der rote Teufelskerl und sein blauer Fischmann zu sämtlichen Mitteln greifen, seien es großkalibrige Waffen oder Barry Manilows Schnulzensong "Can’t smile without you".
Kritik
Wie inzwischen bekannt sein dürfte, hat Guillermo Del Toro ("Blade 2", "Pan's Labyrinth") für "Hellboy 2" die Regiearbeit für einen kleinen, Zauberstab schwingenden Brillenträger sausen lassen. Lapidare Begründung: "Harry Potter" kann jeder drehen. Klingt zwar eingebildet, aber wer sich die Filme von Del Toro anschaut, der erkennt die Wahrheit, die in solch einer Aussage schlummert. Del Toros Stil erkennt man augenblicklich. Nicht nur im visuellen Bereich, auch beim (zuweilen fiesen) Humor und den meist sehr gut herausgearbeiteten Figuren. Del Toro ist wahrlich ein Ausnahmetalent und seine Entscheidung, statt einem sicheren Mega-Blockbuster lieber eine Fortsetzung zu einem mässig erfolgreichen Fantasyfilm zu drehen und dafür die künstlerische Freiheit zu bewahren, schreit geradezu nach einem Zitat von Teilzeitphilosoph und Frauenversteher Ali G.: "Respekt!"
Wer den ersten "Hellboy"-Streifen mochte, kann sich dieses Review sparen und gleich sein Ticket im nächstbesten Kino kaufen. Zwei vergnügliche Stunden sind dem geneigten Zuschauer gewiss. Allen anderen sei gesagt, dass Hellboy 2 um einiges besser ist, als der doch etwas unausgegorene erste Teil. Der neue Film ist aufwändiger gestaltet, die Story nicht ganz so abgehoben und die Hauptfiguren kommen dank des Verzichts auf den langweiligen, blassen Agenten Myers viel besser zum Zug. Die von Ron Pearlman ("Star Trek Nemesis") genial verkörperte Figur des Hellboys ist wesentlich interessanter, schrulliger, herzlicher, cooler und witziger als all die dunklen Flattermänner, Capeschwinger, mutierte Leinwand-Muskelberge und geschniegelten Teeniehelden zusammen. Trotz seiner teuflischen Herkunft ist er womöglich einer der menschlichsten Comicfiguren, die das fantastische Genre hervorgebracht hat.
Warum der Film, zumindest bei mir, dennoch nicht richtig zünden will, ist schwer zu erklären. Prinzipiell macht er alles richtig. Das Produktionsdesign ist herausragend, allein schon der Troll-Markt müsste mit einer Oscarnomination gewürdigt werden und erinnert in seiner Wucht an die grossartige Cantina-Szene in Mos Eisley ("Star Wars - A New Hope"). Die fantasievollen Figuren werden von tollen Darstellern portraitiert, es macht Spass, ihnen zuzuschauen und dank tollen, spritzigen Dialogen auch zuzuhören. Das Drehbuch, welches Del Toro mit Comiczeichner und Hellboy-Erfinder Mike Mignola schrieb, ist voller skuriller, schräger Einfälle und beweist mehr Fantasie als alles, was dieses Jahr im Kino zu sehen war. Die Action wurde mit enormen Gespür für Inszenierung eingefangen und wirkt vom Stil her wesentlich realistischer als die Fights wie beispielsweise in "Indiana Jones 4" und "The Mummy 3" - und das bei Trollen und Dämonen (!)
Womöglich liegt die Krux beim Bösewicht Nuada begründet. Der mörderische Prinz handelt aus nachvollziehbaren Gründen und erweist sich, obwohl er sich den falschen Mitteln bedient, fast als tragischer Held. Wohingegen sich Hellboy klar auf die Seite derer stellt, die ihn auslachen, nicht ernst nehmen, fürchten und verabscheuen – den Menschen. Warum? Während also der Bösewicht aus seiner Sicht gar nicht anders kann, als gegen die Menschheit in den Krieg zu ziehen und dafür sogar seine geliebte Familie auslöschen muss, bleiben Hellboys Gründe im Schatten verborgen. Vielleicht handelt er, um seinem Kumpel Abe zu helfen, womöglich ist ihm schlicht nur langweilig, und wahrscheinlich tut er es, weil es sein Job ist. Es reicht einfach nicht, um mich als Zuschauer mitzureissen. Mir fehlt da die Dramatik. Wenn der drohende Weltuntergang dann auch noch mit reichlichen, durchaus gelungenen Gags und Jokes umschlungen wird, geht die Ernsthaftigkeit vollends unter, und die Spannung verliert sich zwischen all den schillernden Figuren wie ein Staubkorn im Sand der Sahara.
Fazit
"Hellboy 2 - die Goldene Armee" ist zwar nicht der erhoffte Hit geworden, aber ein sympathisches Märchen voller Spektakel und Action. Der Film besticht mit ebenso schrillen wie schrulligen Figuren, fantastischen Sets, tollen Effekten und trockenem Humor. Wer altmodische Fantasyfilme à la "Labyrinth", "Legend" und "der dunkle Kristall" mag, dürfte begeistert sein. Einmal mehr beweist das mexikanische Regieass, dass ihm in Sachen Fantasy höchstens noch ein Peter Jackson ("Herr der Ringe") das Wasser reichen kann, und so verwundert es kaum, dass Del Toro sich als nächstes um die beiden Verfilmungen von "Der Hobbit" kümmern darf.
Produktion
Regie: Guillermo Del Toro
Kamera: Guillermo Navarro
Musik: Danny Elfman
Drehbuch: Guillermo Del Toro, Mike Mignola
Darsteller
Ron Pearlman (als Hellboy)
Selma Blair (als Liz)
Seth McFarlane (Stimme), James Dodd, John Alexander (als Johann Krauss)
Doug Jones (als Ape Sapien)
>>> SPECIAL: <<<
"Hellboy - The Science of Evil" (Playstation 3)
(Meine Spielekritik für den Gamesbereich von OutNow.ch)
Cool! Ein Spiel zum kultigen Antihelden mit tatkräftiger Unterstützung des Hellboy Schöpfers Mike Mignola und Regiemeister Guillermo del Toro ("Blade 2", "Hellboy 1+2", "Pan’s Labyrinth"). Es muss schon mit dem Teufel zugehen, wenn dieses Game kein Kracher werden sollte, nicht wahr?
Das Spiel beginnt etwa 25 Jahre vor den aktuellen Ereignissen (siehe "Hellboy 2") in den Karpaten, und unser guter alter Zyniker ist auf der Jagd nach einer gar üblen Kreatur, genannt die Krähe. In filmtypischer Manier schlagen und schiessen wir uns durch schwache Horden von Gegnern. Das tun wir im ersten Level in dunklen Katakomben, in dunklen Wäldern und dank der charismatischen Stimme von Ron Pearlman, der den Teufelskerl auch in den beiden Filmen verkörpert hat, durchaus noch amüsiert. Fünf Minuten und ein Gähnen später fragen wir uns jedoch bereits, welch kreative Spasskanonen hier noch gezündet werden mögen und wissen sechs Stunden später und bereits beim Ende angelangt: Keine! "Hellboy - The Science of Evil" entpuppt sich als banales, schlichtes und viel zu einfaches Geklopfe. Die Story nicht erzählenswert, die Grafik auch nicht nennenswert und das Gameplay schlicht nicht spielenswert. Ein Rohrkrepierer? Ein Funkensprung davon entfernt, aber schauen wir genauer hin:
Gameplay
In sechs in sich geschlossenen Levels metzeln wir uns mit dem dämonischen Pfundskerl von Rumänien durch Japan, Tunesien und die Unterwelt. Rein optisch durchaus abwechslungsreich, obschon manche Levels irgendwie viel zu dunkel sind. Wir folgen dabei einer Story, die zwar dem Comic nahe kommen mag, aber in Wahrheit zu uninteressant ist, um hier auch nur ein bisschen davon zu spoilern und damit Rest an (möglicher) Spannung zu verderben. Jedenfalls taucht dabei allerhand übles Gesocks auf, das es mit dem X-Knopf zu verhauen gilt. Nebst Dämonen, Werwölfen, Gnome und Nazis-Zombies sogar mutierte Affen. Unsere Riesenfaust wird unser liebster Freund, die Knarre nettes Beiwerk. Mehr brauchen wir nicht bis zum Abspann. Selbst auf ein bisschen Hirn können wir gänzlich verzichten, um die wenigen Vorschul-Rätsel lösen zu können. Es empfiehlt sich von Anfang an, die Levels von sämtlichen Gegner zu befreien, da sich ansonsten nicht alle Türe öffnen und man wieder zurücklatschen muss. Das Schwingen der Steinfaust macht etwa 90 % des gesamten Spiels aus, daneben entfallen ein paar Prozente auf die BFG und die zu Hilfenahme von Gegenständen, die ebenfalls herumgeschwungen oder geworfen werden dürfen. Daneben werden Türen eingetreten, Sargdeckel geschoben etc. (dies alles, in dem man noch schneller auf den X-Knopf hämmert, wohl eine Art von Minispiel). Überdies befinden sich einige Special-Moves im Repertoire des roten Recken, die darf man jedoch getrost vergessen, da sie viel zu träge sind und nicht unbedingt der Laune des Spielers entgegenkommen. Die Steuerung ist halbwegs in Ordnung und geht zwar locker von der Hand, dafür ist die Kollisionsabfrage und die Perspektivenführung ein Punkt, der von der Qualitätssicherung als unwichtig erachtet wurde.
Eine nette Idee sind die versteckten Artefakte. Wer sie findet, schaltet unterhaltsame Boni frei. Böse Zungen mögen behauten, dass dies die erwähnte Mithilfe von Mignola, Del Toro und Pearlman sei, die sich hier in Interviews zu Wort melden. Ach ja, Selma Blair (Hellboys schnuckelige Filmfreundin) darf ebenfalls mitreden.
Technik
Wenig Gutes gibt’s von der technischen Seite zu vermelden, also beginne ich mit dem Besten zuerst: der Sprachausgabe und dem Sound. Pearlmans Stimme hatten wir schon, die trägt viel zur Atmosphäre bei, ist cool und sowieso über alle Zweifel erhaben, doch auch die Soundeffekte wissen durchaus zu gefallen. Weniger überragend die zwar halbwegs gelungene Musik, doch warum sich diese in heutigen Zeiten nicht dem Geschehen anpasst, bleibt mir schleierhaft.
Und was ist mit dem Rest? Nun, die Levels sind detailliert, dennoch sind manche Texturen teilweise arg verwaschen, die Figuren einen Tick zu klobig, die KI ein Witz. Versöhnlicher stimmen mich da nur noch die Effekte.
Fazit
Zur Hölle mit dem Titel. Ein dummes, dröges wie ödes Faust-Rumgefuchtel. Ein dumpfes X-Knopf-Gehämmere ohne den geringsten Hauch von Originalität. Mag ja sein, dass sich das Game keine allzu grossen Patzer erlaubt, aber wie auch, bei dem schlichten Leveldesign und anspruchslosen Gameplay? Was sich die Macher dabei gedacht haben, wissen vermutlich nur die Dämonen, die dieses im digitalen Fegefeuer brutzelnde Stück Software vermutlich aus einer sadistischen Laune heraus auf den Markt geschmissen haben. Wenigstens ist der Titel mit einem Kumpel spielbar, aber dies zieht den Karren auch nicht mehr aus dem Sumpf der verpassten Chancen und dem Dreck hingeschluderten Lizenzspielen. Was bleibt, ist eine Riesenenttäuschung.
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