Samstag, 27. April 2013

"Star Trek" - this is exciting

(Filmreview R. Sutter)

Inhalt
Wie aus James Kirk der legendäre Captain der Enterprise wurde.

Kritik
Wow. Einfach nur wow. So einen stimmigen und witzigen Sommerblockbuster habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen.

Jeder hat schon mal von "Star Trek" gehört. Nun gut, es mag da noch irgendwo tief im Dschungel einen Stamm unentdeckter Eingeborener geben, die noch nichts von Kirk & Co. mitbekommen haben, aber die Wahrscheinlichkeit ist eher gering. Wenn man jedoch kein Fan ist, benötigt man dann Hintergrundwissen, um diesen neuen Film geniessen bzw. verstehen zu können? Ein klares: "Nein". Aber wenn sie gerne ein paar kleines Details hätten, bitte schön, alle anderen sollten den unten stehenden Absatz einfach überspringen.

"Star Trek" wurde 1966 von Gene Roddenberry erschaffen. Es umfasst elf Kinofilme, fünf Serien ("The Original", "The Next Generation", "Deep Space Nine", "Voyager", "Enterprise") eine Trickfilmserie und Hunderte von Romane, von denen es einige auch in die Top Ten der US-Bestsellerlisten geschafft haben. "Star Trek" hat so ziemlich jeden Preis in der Multimedialandschaft gewonnen, mit Ausnahme des Oscars, und gilt als eher intellektuelles Science Fiction Universum, das zuweilen zur Geschwätzigkeit neigt, aber sich bereits in den 60ern Themen annahm, von der jede andere damalige TV-Serie wegen Angst gegenüber der Zensurbehörde die Finger liess (Rassismus, Überbevölkerung, Auswirkungen von Kriegen, Umweltverschmutzung, Technikwahn, Religion usw.). Unter anderem zeigte "Star Trek" den ersten Kuss zwischen Weiss und Schwarz und gilt auch heute noch in vielen Bereichen als geradezu visionär, obschon die frühen Serien mittlerweile reichlich Staub angesetzt haben. Theorien für den unglaublichen Erfolg und die Langlebigkeit von "Star Trek" gibt es viele, aber die meisten stimmen damit überein, dass es mit der zu tiefst optimistischen Sicht- und Denkweise zu tun hat, dem Humanismus und natürlich diesen wunderbaren, legendären Charakteren. "Star Trek" besitzt das weltweit grösste (und kritischste) Fandom, unter dem sich auch Persönlichkeiten wie der Physiker Stephen Hawkings, Apollo-Astronaut Buzz Aldrin, Politiker wie Martin Luther King, Barack Obama und Bill Clinton, Schriftsteller wie Frank Herbert, Isaak Asimov, Stephen King, Filmemacher wie Steven Spielberg, Brian Singer, James Cameron und Schauspieler wie Tom Hanks, Will Smith, Dwayne "The Rock" Johnson, Megan Fox, Whoopi Goldberg, Tom Cruise, Eddie Murphy, Robin Williams usw. tummeln. Mag sein, dass man dem Klischee glauben schenkt und Trekkies gerne als Freaks belächelt und verspottet, aber hey, zumindest befinden sich die Fans in echt guter Gesellschaft.

Ist Abrams neuster Streifen nun ein grossartiger Science Fiction-Film? Nein, aber er ist so verdammt nahe dran, dass man den nächsten Teil kaum erwarten kann, und er ist mit Sicherheit der beste Science Fiction-Film seit "Matrix". Er ist das, was die drögen "Star Wars"-Prequels versprochen, aber nie gehalten haben. Was Regisseur Abrams nebst seinem handwerklichen Geschick und seinem visuellen Flair vor allem auszeichnet, sind die Charaktere. Ihnen wird alles untergeordnet. Dies macht ihn zur perfekten Wahl für einen "Star Trek"-Film. Abrams schafft sogar das Kunststück, dass man die legendären originalen Schauspieler rund um William Shatner und Leonard Nimoy sofort ausblendet und die neuen Typen Chris Pine und Zachary Quinto in ihren neuen Rollen akzeptiert und ins Herz schliesst. Bei den Trekkies lagen die Nerven blank, befürchteten doch unzählige, dass der neue Streifen von "Lost"-Mastermind Abrams ein seelenloser Sci-Fi-Blockbuster wird, der lediglich "Star Trek" im Titel trägt. Mitnichten, ich zählte etwa dreissig Referenzen aus über vierzig Jahren Trek-History, die Figuren handeln so sympathisch und treffend, wie man es kennt, und am wichtigsten: das Drehbuch verinnerlicht den Geist "Star Treks" mit einer Leichtigkeit, dass es eine wahre Freude ist.

"This is not your father’s Star Trek" lautet einer von Paramounts Commercial-Trailer. Eine glatte Lüge. Klar, vieles hat sich verändert, der Look ist komplett anders, aber dieser Film ist kein Reboot wie "Batman". Es ist auch kein Prequel wie "Star Wars", sondern eine Fortsetzung, welche die Thematik der Zeitreisen und Parallelwelten für einmal konsequent durchzieht. Gegen Ende wird eben nicht wie so oft alles wieder hergestellt und auf Null zurückgesetzt.

Der Streifen bringt es fertig, (fast) sämtliche Tugenden "Star Treks" zu übernehmen. Zwar ist dieser Film mit bombastischen Effekten und packender Action vollgestopft, aber dies ist nie Mittel zum Zweck. Kritisieren kann man natürlich immer. So sind manche Drehbuchwendungen an den Haaren herbeigezogen, es fehlen einige dringend notwendige Erklärungen, und die Rache-Story an sich ist ungemein simpel. Jedoch ist die Präsentation so unglaublich, dass es einem vorkommt als würde man auf sehr hohem Niveau kritisieren. Als Trekker der ersten Stunde fallen einem automatisch einige (inhaltliche wie technische) Fehler auf, über die ich jedoch gnädig den Mantel des Schweigens werfe und nicht näher darauf einzugehen gedenke. Zu sympathisch wirkt das Gezeigte.

Fazit
Und wieder einmal hat sich das totgesagte "Star Trek" wie der Phönix aus der Asche erhoben. Für mich persönlich kommt der Streifen nicht an Trek 2 ("The Wrath of Khan") oder Trek 8 "First Contact" heran, da die Vorgänger dramaturgisch stimmiger, die Dialoge geschliffener und die Story an sich auf höherem Niveau war, doch Abrams Film dient nur als Prolog und möchte die Figuren für ein neues Publikum einführen. Keine "Mission Impossible", das Ziel wurde voll und ganz erreicht. Der Film macht definitiv Lust auf mehr. "Star Trek" ist visuell unglaublich berauschend, umwerfend witzig, packend und immens detailverliebt, deswegen sehe ich für einmal über kleine Ungereimtheiten gerne hinweg. Ich hatte immense Erwartungen an Roberto Orci und Alex Kurtzman (Drehbuchautoren) und selbstverständlich auch an J.J. Abrams. Der nächste Film muss tiefgründiger werden, aber vorerst bin ich mehr als zufrieden. Trek is back! Verdammt, es wurde auch Zeit!





Produktion
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzman

Darsteller
Cris Pine (als Kirk)
Leonard Nimoy (als alter Spock)
Zachary Quinto (als junger Spock)
Zoe Saldana (als Uhura)
Eric Bana (als Nero)
Bruce Greenwood (als Capt. Pike)

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