"Everyone looks up to you. They listen to you. If you tell them to
fight, they'll fight. But they need to be inspired. And let's face it,
"Superman"... the last time you really inspired anyone - was when you
were dead."
Geoff Johns, Infinite Crisis
Kritik:
Wir definieren uns durch Vereinigung. Obschon wir gerne unsere Individualität
in den Vordergrund rücken, unsere Einzigartigkeit beschwören und es hassen, in
eine Schublade gesteckt zu werden, geben wir uns dem Drang der Stammeskultur
hin. Suchen die wohlige Wärme der Gruppe, den Zusammenhalt. Menschen lassen
sich leicht in Lager aufteilen. Wer ist besser? Elvis oder die Beatles? Apple
oder Microsoft? McDonalds oder Burger King? Marvel oder DC? Wir fühlen uns in
Gruppen auch deshalb wohl, weil man mit anderen Parteien besser streiten kann.
Fehlende Argumente lassen sich herrlich durch die Anzahl Schreihälse kaschieren.
Kein Wunder also, dass uns "Versus"-Geschichten interessieren. Der
Kampf zwischen Himmel und Hölle. Gut gegen Böse. Barbie vs. Kent. In den
Hollywoodschen Superheldenuniversen prügeln sich stets integre Protagonisten
gegen sinistere Antagonisten. Letztere zeichnen sich meist dadurch aus, dass
sie grösser, aber dümmer, stärker aber langsamer oder modisch den schlechteren
Geschmack haben. Kann sich noch einer an den Green Goblin erinnern? Nein? Glück
gehabt.
Den Schurken in Comicverfilmungen zuzusehen ist oftmals so spannend wie
Farbe beim Trocknen zuzuschauen, somit muss ein neuer Twist her. Was wäre, wenn
die Guten gegeneinander kämpfen? Wer würde gewinnen im Kampf der Ikonen? Man
stelle sich vor Ghandi versus Martin Luther King, Miss Marple vs. Jessica
Fletcher oder die Fledermaus aus Gotham vs. dem Strahlemann aus Metropolis.
Das Dumme daran? Solche Geschichten haben ein konzeptionelles Problem.
Warum sollten zwei hilfsbereite, aufopfernde, stets um den Frieden bemühte
Gutmenschen wie Furien aufeinander einprügeln? Welches Missverständnis kann
eine solche Fehde auslösen, dass zwei intelligente Humanisten nicht mehr in der
Lage sind, vernünftig miteinander zu reden? Ja, ihrem Gegenüber am liebsten die
Wirbelsäule herausreissen würden, um damit anschliessend Seilspringen zu üben.
Clevere Filmemachern hätten sicherlich eine kreative Idee. Andere wählen den
einfachen Weg und machen die Helden zu Vollidioten.
"Batman v Superman" von Regisseur Zack Synder ist optisch mehr
als beeindruckend und liefert Bilder, die stilistisch so stark sind, dass man
sie auf eine Leinwand malen und in eine Galerie hängen sollte. Die Qualität
seiner Bildkompositionen, die Schnitte, die Choreographien der Action, die
ausgezeichneten Effekte, schlicht eine Wucht. Spätestens hier outet sich Synder
als Fanboy. Ohne Zweifel ist ihm dieses Prestigeobjekt, wie auch für die
Produktionsgesellschaft Warner Brothers und Comicverlag DC, immens wichtig. Leider
torpediert der Stil zuweilen die Substanz, was in grossem Masse auch die
Autoren zu verantworten haben. Die Grundmotivation, die die Helden zu
erbitterten Feinden werden lässt, ist völliger Quatsch und widerspricht den
Charakteren zutiefst.
Batman ist alt und verbittert geworden über all die Niederlagen, die er einstecken musste. Dadurch wird er äusserst brutal und schreckt auch vor Mord nicht mehr zurück. Für die Comicfans mag dies ein herber Affront sein, da Batman niemals tötet. Für die Story an sich wäre es vertretbar, wenn Bruce Waynes Taten fassbar wären. Sind sie aber nicht. Batmans Hass auf Superman beispielsweise wird in einer fünfminütigen Eingangssequenz erzählt. Der Film lässt sich danach trotzdem noch einmal eine Stunde Zeit, alles zu wiederholen. Teils in wirren Traumsequenzen ohne zugrunde liegender Logik, teils in Anspielungen, die nie zu Ende erzählt werden oder pathetischen Dialogzeilen. Zusammengefasst liegt Batmans Hass auf Superman darin begründet, dass Superman es gewagt hat, gegen den Welteneroberer und Zerstörer namens General Zod zu kämpfen und es deshalb zu Kollateralschäden kam. Die Alternative wäre ewige Sklaverei gewesen, aber das soll hier nur als Detail am Rande erwähnt werden.
Superman geht derweil gegen Batman vor, weil sich dieser erlaubt, das
Gesetz in die eigene Hand zu nehmen und die Arbeit nicht der Polizei zu
überlassen. Also genau das zu tun, was auch Superman selbst macht. Man könnte
auch sagen, dass die verlogene Doppelmoral von Superman leicht fehl am Platz
ist.
Die dramaturgischen Kniffe, die Ikonen gegeneinander antreten zu lassen,
nur um sie danach zu Freunden werden zu lassen, sind zum Fremdschämen peinlich,
werden aber tatsächlich noch durch die lächerliche Absurdität der friedlichen
Vereinigung getoppt.
Die Story bauscht Superman als grosse Bedrohung auf ohne plausible
Argumente dafür vorzubringen. Das Drehbuch selbst wirkt wie ein Flickenteppich.
Schwankt zwischen Genialität und völligem Nonsens. Figuren tauchen auf, weil es
die Geschichte gerade gebrauchen kann, nur um sich dann selbst zu widersprechen.
Es gibt dutzende Szenen, die scheinen ihre Daseinsberechtigung nur zu haben,
weil sie im Werbetrailer die Leute ins Kino locken. Vieles wird nicht erklärt,
es gibt keine Entwicklung. Die Story ist nicht im Fluss, sondern springt von
einem Logikloch ins Nächste.
Schade um die hervorragenden Darsteller, allen voran Ben Affleck als
wuchtiger Bruce Wayne und Henry Cavill als Clark Kent. Die Schauspieler
überzeugen in ihren Rollen und bekämpfen die Schwächen des Drehbuchs so gut es
geht. Am härtesten erwischt es Jesse Eisenberg, welcher als Lex Luthor einen
tollen Start hinlegt, von den Autoren aber schlussendlich zu einer eigenartigen
Joker-Karikatur degradiert wird. Über Gal Gadot, alias Wonder Woman, braucht
man keine grossen Worte verlieren. Sie darf sich in diversen Szenen in
umwerfenden Abendkleidern präsentieren und am Ende mitkämpfen. Damit sind die
Zuschauer neugierig auf ihren kommenden Solofilm. Diese Pflicht schafft sie mit
Bravour. Überhaupt kommt sie von allen Charakteren noch am besten weg.
Fazit:
Batman klaut Superman seinen Film und bereitet damit den kommenden
"Justice League" vor (DC's Antwort auf die Marvels
"Avengers"). Der Film hat seine optischen Stärken, welche aber durch
das unausgegorene Drehbuch gnadenlos in den Boden gerammt werden. Langweilig
ist der Streifen beileibe nicht, aber das Unvermögen der Autoren schmerzt und
enttäuscht.
Und falls es jemand interessiert, ich wäre natürlich auf Seiten von
Batman. Klarer Fall. Seine Karre ist cooler und seine Freundin ist Catwoman.
Wertung: 7 / 10
Regie:
Zack Synder
Drehbuch:
David S. Goyer, Chris Terrio
Darsteller:
Henry Cavill, Ben Affleck, Jesse Eisenberg, Gal Gadot, Holly Hunter
(Review
Randolph Sutter)