Intro:
Legen
wir für einen Augenblick Myers "William Shatner"-Maske ins Grab von
Nosferatu, welches im Keller des Bates Motel zu finden ist. An diesem
herrlichen Freitag den 13 wollen wir hinaus zur schwarzen Lagune. Auf unserem
Weg achten wir auf all die kindischen Fallen von Jigsaw und drücken der uns
nachkeuchenden Samara unsere süsse Chucky-Puppe entgegen, damit ihr Herz
erweicht, Candymans Fluch entschwindet und sie davon abgelenkt wird, dass ihr
gleich ein Chestburster aus dem Bauch springen wird. Schliesslich will
Letzterer mit seinen Critters und Gremlin-Freunden doch nur eine Movie-Night
veranstalten, und bei welchem Horrorfilm könnte man sich am besser amüsieren
als beim grossartigsten überhaupt: "Showgirls".
Während
wir laut "eins, zwei, Freddy kommt vorbei..." singend die finsteren
Stufen hinauf steigen und dabei Regan ausweichen, der Ärmsten ist immer noch
speiübel von all den Süssigkeiten von Halloween, werfen wir auch keinen Blick
in irgendwelche dunklen Spiegel um nicht zu erkennen, dass wir längst zu Zombies
geworden sind. Irgendwo aus der Ferne würden wir die Schreie eines Kettensäge-Massakers
hören, sofern wir beide Ohren unser eigen nennen würden. Immerhin haben wir ein
eiskaltes Händchen frei, welches dabei helfen kann, unseren Kumpel Pinhead von
all diesen Nägel an - beziehungsweise in- seinem Kopf zu befreien. Echt jetzt,
sein Ghostface sah auch schon mal glücklicher aus, aber vielleicht ist es auch
nur sein üblicher Ausdruck dafür, dass er nicht nur tote Menschen sehen kann,
sondern eben auch Lebende. Einer davon steht nun hinter uns. Pech, dass wir
diesem braungebrannten, blutüberströmten Typen nicht bemerkt haben. Als dieser
seine Kettensäge durch uns zieht, denken wir noch bei uns: "Ach Ash, der
Tanz der Vampire ist doch längst Geschichte".
Kritik:
(spoilerfrei)
Als im Jahre 1975 ein
damals relativ unbekannter amerikanischer Filmemacher Kinogängern ihren
Strandurlaub vermieste, indem er eine kleine Haifischflosse aus dem Wasser
ragen und dabei bedeutungsschwangere Musik laufen liess, waren drei Dinge offensichtlich
geworden:
Erstens: Man konnte mit
einer Investition von lächerlichen sieben Millionen Dollar einen Blockbuster
abliefern, der stolze vierhundertsiebzig Millionen wieder einnahm.
Zweitens: Es gibt Leute, die haben tatsächlich gerne Angst
und zahlen auch noch dafür.
Drittens: In wirklich
guten Horrorfilmen braucht man nichts zu zeigen, weil der Horror welcher nur im
Kopf stattfindet, viel ausgeprägter und beklemmender sein kann, als dass was
eine Leinwand präsentieren könnte.
Wenn Sie also zur
Gattung Mensch gehören, die mindestens zwanzig Referenzen der oben genannten Geschichte
erkennen und den entsprechenden Filmen zuordnen können, ist "Mr. Babadook"
vielleicht eine kleine Enttäuschung. Allen anderen sei dieser Film wärmestens
ans (hoffentlich starke) Herz gelegt
Das Debütwerk der
australischen Regisseurin Jennifer Kent reisst sicherlich keine Bäume aus. Zimmerpflanzen
aber allemal, die sich geradezu monströs entwickeln könnten, so als ob sie aus
dem kleinen Horrorladen irgendwo downtown aller Klischees stammten. Sie merken
schon, eigentlich will ich nichts über diese kleine Genreperle verraten, die
mit geradezu minimalistischen Mitteln dem Zuschauer ein ständiges Unwohl- und Angespanntsein
einjagt. Statt literweise Blut gibt es fast schon ein psychologisches Melodram der
alleinstehenden Mutter Amelia und ihres nervenden kleinen Balges Samuel. Eine
schlichte Spuckgeschichte mit viel Spielraum für Interpretation und einer
grandiosen Geräuschkulisse, die die üblichen Grusler made in Hollywood so dumpf
und banal klingen lässt wie die üblichen Songs von Kanye West.
Der kleine Samuel malträtiert
so ziemlich jede Person in der nahen Umgebung (inklusive Kinogänger) mit seinen
Monsterfantasien, den damit einhergehenden selbstgebauten Abwehrwaffen, seinem unaufhörlichen
Gequassel und einer Mutter-Fixierung, die im harmlosesten Fall als extrem zu
bezeichnen wäre. Als sich Samuel eines Nachts ein Bilderbuch mit dem Namen
"Mister Babadook" aus dem Regal zieht, um es sich vorlesen zu lassen,
erkennt Amelia, dass dieses Buch mehr ist als nur ein düsteres Werk einer
unheilvollen Ankündigung.
"Babadook"
zeigt die aufkeimende Bedrohung als Wildcard. Eine Situation, in der das
eigentlich von Harmonie geprägte Grundbild einer Mutter-Sohn-Beziehung immer
mehr zerreisst und das Verhältnis zwischen ihnen im Sinne der Pädagogik von
beiden Seiten verletzt und missachtet wird. Die Situation spitzt sich so weit
zu, bis sie irgendwann explodiert. Der Horror kommt dabei so subtil und packend
rüber, wie man es beispielsweise aus "Shinning" mit Jack Nicholson kennt.
Zuweilen verspürt man den Wunsch, das Kino zu verlassen, weil man die Härte
nicht mehr ertragen möchte. Wohlgemerkt, der Film ist frei von Splatter. Die
Geschichte ist so clever arrangiert und so eindrücklich gespielt, dass der
Horror nicht daraus resultiert, was Mister Babadook mit dir anstellen wird,
sondern darin, dass er dir die verstörenden Grausamkeiten vorhersagt, die du
selbst tun wirst.
Erreicht wird dies, wie
schon angedeutet, durch die hervorragenden Darsteller Essie Davis und Noah
Wiseman, deren nuanciertes Spiel noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Gleichzeitig auch durch das Setting, welches stetig eine Düsternis, Leere und Ausweglosigkeit
suggeriert und damit unterschwellig Druck auf den Kinozuschauer ausübt.
Jennifer Kents Film ist voller Metaphern und funktioniert fernab der
unsäglichen Holzhammer-Horror-Streifen, mit denen sich Genrefans (un)gerne viel
zu oft foltern lassen.
Klingt alles nach
Meisterwerk. Schlussendlich muss sich aber auch "Babadook" damit
abfinden, dass das Ende sehr eigenwillig geraten ist und man sich das
Erscheinen des dunklen Misters gern öfter gewünscht hätte.
Fazit:
Ein hochspannender
Horrorstreifen, der viel Raum für Interpretation lässt. Ein Film, den man
einerseits psychologisch, andererseits paranormal erklären könnte. Packende
Atmosphäre, auftrumpfende Darsteller, schlicht eine tolle Alptraumgeschichte.
Wertung: 8 / 10
Regie:
Jennifer Kent
Drehbuch:
Jennifer Kent
Darsteller:
Essie Davis, Noah Wiseman, Tim Purcell, Peta Shannon
(Review
Randolph Sutter)
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