Sonntag, 17. Mai 2015

"Mad Max: Fury Road"

Inhalt:

In einer postapokalyptischen Welt wird der ehemalige Polizist Max Rockatansky (Tom Hardy) von den irren Schergen des Tyrannen Immortan Joe gefangen genommen. Auf seiner Flucht trifft er auf Furiosa, die eine ganz spezielle Fracht über die Fury Road führt.

Kritik:

(spoilerfrei)

Der alte Mann und die Strasse.

"Mad Max: Fury Road" ist nichts weniger als ein psychopathisches Monster. Ein irrer, donnernder Alptraum aus Stahl. Ein völlig durchgedrehtes, brutales, benzingeschwängertes Kind.

"Mad Max: Fury Road" ist vor allem das Werk eines 70jährigen (!) Visionärs, der aktuelle Actionfilm-Regisseure wie Michael Bay ("Transformers") und James Wan ("Fast & Furios 7") wie blutige Anfänger aussehen lässt.

30 Jahre ist es her, als George Miller ("Ein Schweinchen namens Babe", "Happy Feet") seinen letzten "Mad Max" ins Kino brachte. Eine Reihe, die 1979 begann und 1985 mit Tina Turners grossartigem Song "We Don't Need Another Hero" ins "Jenseits der Donnerkuppel" verbannt wurde. Als vor 14 Jahren die Pläne für den neuen "Mad Max" starteten, war dies eine Leidensgeschichte, bei der es erstaunt, dass dieser Streifen jemals die Lichtspielhäuser erreicht hat. Normalerweise ein furchtbar schlechtes Zeichen für einen guten Film.

Doch als hätte Miller noch eine letzte Rechnung offen, rollt sein Film mit einer Bildgewalt und Blechorgie über die Kinozuschauer, wie man es noch nie gesehen, ja noch nie gespürt hat. Eine abstossende Schönheit, eine staubige Poesie und, wer hätte es gedacht, eine Ode an die Frauen.

Von der ersten bis zur letzten Minute gibt dieser Film Gas, suhlt sich in kakophonischen Zerstörungsorgien, reiht Explosion an Explosion und lässt einen das berstende Metall der irrwitzigen Maschinen, die fliegenden Leiber der kreischenden War Boys und den blutdurchtränkten Wüstensand inmitten eines Sturms erlebbar machen. Faktisch liefert Miller hier den Beweis ab, dass Computereffekte eben nach wie vor echte Szenen nur ergänzen, aber nicht ersetzen können. Was hier in handwerklicher, technischer Perfektion auf den Kinozuschauer hereinbricht, ist wahrlich verrückt und spottet jeglicher Beschreibung. Doch obschon sich der Film fast keine ruhige Minute lässt, sind es die wenigen ruhigen Momente und die Charakterzeichnungen, die dazu führen, dass dieser Film zusammen mit der Action das Prädikat "aussergewöhnlich" verdient.  Dies bei einem Werk, dessen Story nicht schlichter sein könnte, deren Charaktere nicht minimalistischer gezeichnet sind und deren Dialoge auf ein paar wenigen Seiten Papier druckbar wären. Eine Geschichte über Unterdrückung, Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung.

Die optische (wie auch musikalische) Gestaltung lässt einen staunen. Fast die komplette Figurenzeichnung geschieht visuell ohne grosse sprachliche Erläuterung. Die grösste Überraschung ist aber der wahre Hauptcharakter der Geschichte, Imperator Furiosa (Charlize Theron). Max selbst ist nur Mittel zum Zweck. Es ist geradezu herrlich und erstaunlich, wie Miller die Frauen als die starken, mutigen, intelligenten Wesen zeigt, die sich den wilden Barbaren von Männern entschlossen entgegenstellen. Eine winzige, beiläufige Szene, in welchem Rosie Huntington-Whiteley ("Transformers - Dark of the Moon") einen Keuschheitsgürtel durch die Dünen tritt, erscheint dabei wie ein Regisseur-Kommentar an die Genrekonkurrenz, wie stark man Frauen porträtieren kann, indem man sie wichtig nimmt und nicht einfach als sexy Accessoire in Filmen verheizt. Es ist dem Regisseur hoch anzurechnen, dass sein neuer "Mad Max", obschon er eigentlich nur eine zweistündige Verfolgungsjagd zeigt, die Narration also vollkommen linear gehalten ist, den Zuschauer nicht dazu verdonnert, sein Hirn abzuschalten. Der Film bietet erstaunlich viel Herz und Seele in der ebenso trostlosen wie hoffnungslosen Welt, in der er spielt.  


Fazit:

Für Leute, die dem Endzeit-Genre etwas abgewinnen können, ist "Mad Max: Fury Road" ein Muss. Alle anderen werden damit ohnehin nicht glücklich werden, egal wie gut der Film ist. Zu abgedreht, zu verrückt das Gezeigte. Doch die, die das Genre schätzen, erwartet ein bildstarkes Meisterwerk des Actionkinos, das in Sachen Cinematographie neue Massstäbe setzt. Schlicht die neue Referenz. Einziger Wermutstropfen ist die Figur des Max Rockatansky, die erstaunlich wenig zu tun hat und beinahe zum Nebendarsteller degradiert wird.


Wertung: 9 / 10



Regie: George Miller
Drehbuch: George Miller, Brendan McCarthy, Nick Lathouris
Darsteller: Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Rosie Huntington-Whiteley, Zoe Kravitz




(Review Randolph Sutter)

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