Samstag, 17. Oktober 2015

"The Martian" - Hot Stuff

Inhalt:

"Bei der Eroberung des Weltraums sind zwei Probleme zu lösen: die Schwerkraft und der Papierkrieg. Mit der Schwerkraft werden wir fertig".
(Wernher von Braun, deutsch-amerikanischer Raketenforscher)

Mars. Der vierte Planet im Sonnensystem ist wegen seiner blutroten Färbung nach dem römischen Kriegsgott benannt. Umrundet wird er von den beiden Monden Phobos und Deimos (Furcht und Schrecken). Abhängig von seiner Bahn um die Sonne ist der Planet
zwischen 55 und 400 Millionen Kilometer von uns entfernt. Die Schwierigkeit für uns ist nicht, Menschen zum Mars zu fliegen. Die grosse Herausforderung besteht darin, sie wieder heil nach Hause zu bringen. Dies muss auch Botaniker Mark Watney (Matt Damon) erfahren, der bei einer Notevakuierung der NASA-Basisstation von einem gewaltigen Sandsturm fortgerissen wird. Da der immer stärker werdende Sturm die Landefähre zu zerstören droht, gibt Commander Lewis (Jessica Chastain) schweren Herzens den Befehl, die Suche nach Watney abzubrechen und mit den verbliebenen vier Crewmitgliedern zu starten, bevor es zu spät ist.

Watney versucht nun - völlig auf sich allein gestellt - zu überleben. Die nächste Mars-Mission kommt erst in vier Jahren. Eine scheinbar unlösbare Aufgabe, denn es gibt nur noch wenige Notrationen an Nahrung und Wasser. Und wäre die Strahlung, die Stürme und Temperaturen von minus 85° noch nicht schlimm genug, lauert auf dem roten Planeten auch noch das grösste Übel, das man sich nur vorstellen kann: Musik von ABBA!

Kritik:

(spoilerfrei)

Science-Fiction Filme die mehr Wert auf die Science legen und sich abseits von schleimigen Tentakel-Aliens und Space Pirates in die Lichtspielhäuser dieser Welt beamen, sind rar gesät. Nach den Grosserfolgen mit "Gravity" und "Interstellar" trauen sich die Filmstudios nun glücklicherweise wieder ohne Laserkanonen ins All und schicken mit Sir Ridley Scotts "The Martian" ein neuen Stellvertreter der NASA vors Kinovolk. Und das ist auch gut so, immerhin treiben seit jeher drei essentielle Fragen die Menschen an: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Der Mars ist das nächste grosse Ziel der Menschheit, die nächste gewaltige Stufe unserer Rasse. Es liegt in unserer Natur zu forschen, unsere Grenzen zu testen und immer weiter zu kommen. "To boldly go..."

"The Martian" erweist sich dabei als weiterer Volltreffer. Statt eines Dramas liefert uns Altmeister Scott eine überraschend witzige und unterhaltsamen Robinsonade, die sich sehr eng an Andy Weirs vorzüglichen Debütroman hält und die Spannung zwar nicht in ungeahnte Sphären hievt, aber grundsätzlich die Probleme und Gefahren eines solchen Unterfangens gekonnt zu inszenieren weiss.

Den Film als "Mac Gyver in Space" zu betiteln klingt härter als es eigentlich ist. Den Herausforderungen, denen sich NASA Spezialist Watney stellen muss, besteht er zuweilen zu gekonnt, und dass er die endlosen Tage so ganz allein ohne psychischen Knacks zu überstehen scheint, mag für die einen unrealistisch für die anderen völlig okay sein. Schlussendlich wissen wir aber alle: Astronauten sind verdammte Helden und echte Kerle. Ja, auch die weiblichen.

Scott scheint aus seinen "Prometheus"-Fehler (doch) noch gelernt zu haben. Statt sich nur auf sein visuelles Können zu verlassen, hat er diesmal auch seine Charaktere im Griff. Durch die Bank grossartig, realistisch und sympathisch. So muss es sein. Vieles davon darf man der wie immer souveränen Leistung von Matt Damon zuschreiben. Schön auch, dass der amerikanische Patriotismus diesmal nur wenig vor dummem Pathos strotzt und selbst die NASA nicht einfach zum Werbeträger des Streifens degradiert wurde. So kann sich der Film dem Überlebenskampf von Watney und den Rettungsbemühungen der NASA widmen, ohne den Zuschauer mit den üblichen Klischees zu langweilen.

Fazit:

Ein gelungenes, überzeugendes und stimmungsvolles Werk, welches seiner literarischen Vorlage mehr als gerecht wird. Ein Film, den man sich unbedingt im Kino anschauen sollte. Das wirklich Tolle daran sind aber nicht die wunderschönen Bilder, die aufregende Technik, der geerdete Realismus weitab üblicher Klischees, nein, es ist der Abenteuergeist des Menschen und sein Wille, das Unmögliche zu schaffen. John F. Kennedy meinte nichts anderes, als er sagte, man habe beschlossen, auf den Mond zu fliegen. Nicht weil es leicht, sondern weil es schwer sei.

Ach ja... und den Menschen da draussen, die denken, wir brauchen das All nicht zu kolonialisieren, sei nur eines zum Abschluss gesagt: wir haben längst damit begonnen.



Wertung: 8 / 10


Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Drew Goddard, Andy Weir
Darsteller: Matt Damon, Jessica Chastain, Jeff Daniels, Sean Bean, Kate Mara, Chiwetel Ejiofor u.a.




(Review Randolph Sutter)

Mittwoch, 15. Juli 2015

"Terminator: Genisys"

Inhalt:

Im Jahr 2029 kämpft der Rebellenanführer John Connor gegen das Skynet-Maschinenimperium. Er schickt seinen loyalen Freund Kyle Reese zurück ins Jahr 1983, um seine Mutter Sarah Connor vor einem Killer-Roboter zu beschützen und so die Zukunft der Menschheit sicherzustellen. Doch als Kyle Reese im Los Angeles der 1980er ankommt, muss er feststellen, dass die erwartete Vergangenheit nicht mehr existiert. Sarahs Eltern wurden von einem durch die Zeit gereisten Terminator ermordet, ein Android des Modells T-800 hatte das 9-jährige Mädchen danach beschützt und grossgezogen. Kyle erklärt Sarah, was in der Zukunft geschehen wird, doch sie wehrt sich entschieden gegen die Vorstellung, dass ihre Geschichte schon vorherbestimmt ist. Soweit die offizielle Inhaltsangabe.

Kritik:

(spoilerfrei)

"I would see these images of a metallic death figure rising Phoenix-like out of fire, I woke up and grabbed a pencil and paper and started writing. When I originally got the idea for Terminator, I was sick, I was broke, I was in Rome, I had no way to get home and I could barely speak the language. I was surrounded by people I could not get help from. I felt very alienated and so it was very easy for me to imagine a machine with a gun. At the point of the greatest alienation in my life, it was easy to create the character." (James Cameron über "Terminator")

Der Film ist nicht schlecht. Damit wäre eigentlich alles gesagt.

Allerdings leidet er am selben Problem wie der extrem erfolgreiche "Jurassic World", welcher für sich allein betrachtet handwerklich ebenso einwandfrei ist und sich storytechnisch keine groben Schnitzer erlaubt. Die Darsteller machen ihren Job ohne negativ aufzufallen, die Regie ist ordentlich, kurz gesagt: kein cineastisches Desaster der Marke "Transformers - Age of Extinction". Als weiterer Teil der Reihe erfreulich stimmig und unterhaltsam werden die Zuschauer, die mit den alten Filmen vertraut sind, sicherlich zufriedengestellt.

Doch reicht das?

Der erste "Jurassic Park" war bei seinem Erscheinen wegweisend und eine technische Meisterleistung. In Kombination mit Spielbergs visuellem Gespür und seinem Flair für eine Dramaturgie war der Grosserfolg vorprogrammiert. Genauso bei "Terminator 2: Judgment Day" von 1991, mit welchem James Cameron ("Titanic", "Avatar") in die Annalen der Filmgeschichte einging. Seine mit höchstem tricktechnischen Aufwand inszenierte Gewaltgeschichte, die ihre brutalen Aktionen mit dem überraschenden Postulat einer menschenunwürdigeren Welt durchsetzte, gilt nicht umsonst immer noch als einer der besten Actionfilme und (wohl viel wichtiger) als ein Paradebeispiel einer guten Fortsetzung. Warum er selbst nie einen dritten Teil drehte, erklärte er einst wie folgt: "Basically because I had told the story. To make Terminator 3 was to make a 3."

"Terminator: Genisys" (Teil 5) wirkt stattdessen wie eine Art "Best of Part 1 and 2". Es wurden ganze Szenen übernommen und eingebettet in eine Zeitreisegeschichte, die dieses Kopieren durchaus auch erlaubt. Der Gag daran sollen die nuancierten Änderungen sein. Diese sind für die Fans der Reihe stellenweise durchaus witzig anzuschauen, lassen jedoch gleichzeitig auch einen faden Beigeschmack übrig. So originell wie das Ganze sein sollte, ist es beileibe nicht. Mit einem ähnlichen Trick hat jüngst auch "Star Trek Into Darkness" seine Anhänger vor den Kopf gestossen, dafür jedoch zweifellos neue Fans gefunden, die mit den alten Streifen weniger bewandert sind. Statt bei "Terminator: Genisys" also auf ein starkes, schweisstreibendes Drehbuch zu setzen, bei welchem der drohende Untergang der Menschheit wirklich fassbar ist, setzt man auf Nostalgie, extrem viel blutleere Action und Humor, der nicht immer ganz passen will. Alan Taylor, der zuvor den zugegeben gelungenen "Thor  2" inszenierte, liefert hier einen Streifen ab, dem es an der dringend benötigten Intensität mangelt. Eine grosse Hilfe sind ihm die Darsteller drehbuchbedingt nicht, können sie schlicht nicht. Jai Courtney, der neue Kyle Reese schlafwandelt sich sympathisch durch den Plot, doch der sonst so talentierten Emilia Clarke ("Game of Thrones") fehlt es ausgerechnet an der Power, die seinerzeit Linda Hamilton als Sarah Connor zur weiblichen Action-Ikone der 90er Jahre werden liess. Zu brav und zu niedlich erscheint sie einem, wenn sie waffenstarrend losbrüllt und den Maschinen eine Ladung Blei zwischen die Schaltkreise schiesst. Und ja, über den Push-Up-Bra legen wir lieber den Ledermantel des T800-Schweigens. Und da wir schon bei Letzterem sind, es ist tatsächlich eine wahre Freude, Arnold Schwarzenegger nochmals in seiner Paraderolle zu erleben. Er ist denn auch das einzige echte Highlight des Streifens, und seine Rückkehr hat er offensichtlich mehr als nur genossen. Schade nur, dass er hier nie so cool und furchteinflössend wie in den alten Teilen erscheint. Ein Problem, welches nicht in seinem Alter zu suchen ist, sondern vielmehr im Drehbuch zu finden ist.

Ein wichtiges Merkmal eines solchen Filmes ist ohne Zweifel die Action, und so ist es wenig verwunderlich, dass es alle paar Minuten ordentlich zur Sache geht. Da überrascht es schon eher, wenn der Streifen über keine einzige wirklich herausragende Actionsequenz verfügt und die eine erinnerungswürdige Szene, dann beschämenderweise aus einem Batman-Film geklaut ist. Schwache Leistung. Vielleicht kommt wirklich langsam die Zeit, in der die Regisseure wieder mehr Wert auf ihr handwerkliches Geschick legen, statt auf die Talente der Computer-Nerds zurückzugreifen. Ein Actionfilm braucht reale Kraft und ein gehöriges Mass an Realismus, um zu wirken. Bestes Beispiel lieferte hier kürzlich George Miller mit "Mad Max: Fury Road". Nun, die Erkenntnis erhält nun vielleicht auch Alan Taylor, sofern er die geplante neue Terminator-Trilogie weiter betreuen darf. Mit Blick auf die Einspielergebnisse dürfte dies eher nicht der Fall sein.


Fazit:

Der Film ist nicht schlecht. Wie gesagt. Schade nur, dass man nicht die Tugenden der ersten beide Teile berücksichtig, und sich wenigstens bemüht, eine wirklich würdige Fortsetzung zu erschaffen mit der ganzen Intensität, Dramatik und Atmosphäre, die die alten Filme so grossartig gemacht haben. Stattdessen kriegt man Altbekanntes neu aufgelegt, für einen unterhaltsamen, leichtverdaulichen und schnell vergessenen Kinoabend.

Arnolds Schwarzeneggers Alter lässt sich genau so wenig verschleiern, wie das Alter der Kinogänger, die mit den kraftvollen Vorgängern einst grossgeworden sind und mit dieser auf die Kids zugeschnittenen Light-Version nur noch wenig echte Begeisterung empfinden können. Vielleicht ist diese Erkenntnis die eigentliche Enttäuschung des Filmes. Tempus fugit.  Zumindest, und so fair sollte man sein, rettet Schwarzenegger diesen Streifen und terminiert glücklicherweise halbwegs erfolgreich "Salvation" aus unserem Gedächtnis. Hasta la vista, Arnold. 



Wertung: 7 / 10


Regie: Alan Taylor
Drehbuch: Leata Kalogridis, Patrick Lussier
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Emilia Clarke, Jason Clarke, Jai Courtney, J.K. Simmons





(Review Randolph Sutter)

Sonntag, 17. Mai 2015

"Mad Max: Fury Road"

Inhalt:

In einer postapokalyptischen Welt wird der ehemalige Polizist Max Rockatansky (Tom Hardy) von den irren Schergen des Tyrannen Immortan Joe gefangen genommen. Auf seiner Flucht trifft er auf Furiosa, die eine ganz spezielle Fracht über die Fury Road führt.

Kritik:

(spoilerfrei)

Der alte Mann und die Strasse.

"Mad Max: Fury Road" ist nichts weniger als ein psychopathisches Monster. Ein irrer, donnernder Alptraum aus Stahl. Ein völlig durchgedrehtes, brutales, benzingeschwängertes Kind.

"Mad Max: Fury Road" ist vor allem das Werk eines 70jährigen (!) Visionärs, der aktuelle Actionfilm-Regisseure wie Michael Bay ("Transformers") und James Wan ("Fast & Furios 7") wie blutige Anfänger aussehen lässt.

30 Jahre ist es her, als George Miller ("Ein Schweinchen namens Babe", "Happy Feet") seinen letzten "Mad Max" ins Kino brachte. Eine Reihe, die 1979 begann und 1985 mit Tina Turners grossartigem Song "We Don't Need Another Hero" ins "Jenseits der Donnerkuppel" verbannt wurde. Als vor 14 Jahren die Pläne für den neuen "Mad Max" starteten, war dies eine Leidensgeschichte, bei der es erstaunt, dass dieser Streifen jemals die Lichtspielhäuser erreicht hat. Normalerweise ein furchtbar schlechtes Zeichen für einen guten Film.

Doch als hätte Miller noch eine letzte Rechnung offen, rollt sein Film mit einer Bildgewalt und Blechorgie über die Kinozuschauer, wie man es noch nie gesehen, ja noch nie gespürt hat. Eine abstossende Schönheit, eine staubige Poesie und, wer hätte es gedacht, eine Ode an die Frauen.

Von der ersten bis zur letzten Minute gibt dieser Film Gas, suhlt sich in kakophonischen Zerstörungsorgien, reiht Explosion an Explosion und lässt einen das berstende Metall der irrwitzigen Maschinen, die fliegenden Leiber der kreischenden War Boys und den blutdurchtränkten Wüstensand inmitten eines Sturms erlebbar machen. Faktisch liefert Miller hier den Beweis ab, dass Computereffekte eben nach wie vor echte Szenen nur ergänzen, aber nicht ersetzen können. Was hier in handwerklicher, technischer Perfektion auf den Kinozuschauer hereinbricht, ist wahrlich verrückt und spottet jeglicher Beschreibung. Doch obschon sich der Film fast keine ruhige Minute lässt, sind es die wenigen ruhigen Momente und die Charakterzeichnungen, die dazu führen, dass dieser Film zusammen mit der Action das Prädikat "aussergewöhnlich" verdient.  Dies bei einem Werk, dessen Story nicht schlichter sein könnte, deren Charaktere nicht minimalistischer gezeichnet sind und deren Dialoge auf ein paar wenigen Seiten Papier druckbar wären. Eine Geschichte über Unterdrückung, Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung.

Die optische (wie auch musikalische) Gestaltung lässt einen staunen. Fast die komplette Figurenzeichnung geschieht visuell ohne grosse sprachliche Erläuterung. Die grösste Überraschung ist aber der wahre Hauptcharakter der Geschichte, Imperator Furiosa (Charlize Theron). Max selbst ist nur Mittel zum Zweck. Es ist geradezu herrlich und erstaunlich, wie Miller die Frauen als die starken, mutigen, intelligenten Wesen zeigt, die sich den wilden Barbaren von Männern entschlossen entgegenstellen. Eine winzige, beiläufige Szene, in welchem Rosie Huntington-Whiteley ("Transformers - Dark of the Moon") einen Keuschheitsgürtel durch die Dünen tritt, erscheint dabei wie ein Regisseur-Kommentar an die Genrekonkurrenz, wie stark man Frauen porträtieren kann, indem man sie wichtig nimmt und nicht einfach als sexy Accessoire in Filmen verheizt. Es ist dem Regisseur hoch anzurechnen, dass sein neuer "Mad Max", obschon er eigentlich nur eine zweistündige Verfolgungsjagd zeigt, die Narration also vollkommen linear gehalten ist, den Zuschauer nicht dazu verdonnert, sein Hirn abzuschalten. Der Film bietet erstaunlich viel Herz und Seele in der ebenso trostlosen wie hoffnungslosen Welt, in der er spielt.  


Fazit:

Für Leute, die dem Endzeit-Genre etwas abgewinnen können, ist "Mad Max: Fury Road" ein Muss. Alle anderen werden damit ohnehin nicht glücklich werden, egal wie gut der Film ist. Zu abgedreht, zu verrückt das Gezeigte. Doch die, die das Genre schätzen, erwartet ein bildstarkes Meisterwerk des Actionkinos, das in Sachen Cinematographie neue Massstäbe setzt. Schlicht die neue Referenz. Einziger Wermutstropfen ist die Figur des Max Rockatansky, die erstaunlich wenig zu tun hat und beinahe zum Nebendarsteller degradiert wird.


Wertung: 9 / 10



Regie: George Miller
Drehbuch: George Miller, Brendan McCarthy, Nick Lathouris
Darsteller: Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Rosie Huntington-Whiteley, Zoe Kravitz




(Review Randolph Sutter)

Samstag, 9. Mai 2015

"The Babadook"

Intro:

Legen wir für einen Augenblick Myers "William Shatner"-Maske ins Grab von Nosferatu, welches im Keller des Bates Motel zu finden ist. An diesem herrlichen Freitag den 13 wollen wir hinaus zur schwarzen Lagune. Auf unserem Weg achten wir auf all die kindischen Fallen von Jigsaw und drücken der uns nachkeuchenden Samara unsere süsse Chucky-Puppe entgegen, damit ihr Herz erweicht, Candymans Fluch entschwindet und sie davon abgelenkt wird, dass ihr gleich ein Chestburster aus dem Bauch springen wird. Schliesslich will Letzterer mit seinen Critters und Gremlin-Freunden doch nur eine Movie-Night veranstalten, und bei welchem Horrorfilm könnte man sich am besser amüsieren als beim grossartigsten überhaupt: "Showgirls".

Während wir laut "eins, zwei, Freddy kommt vorbei..." singend die finsteren Stufen hinauf steigen und dabei Regan ausweichen, der Ärmsten ist immer noch speiübel von all den Süssigkeiten von Halloween, werfen wir auch keinen Blick in irgendwelche dunklen Spiegel um nicht zu erkennen, dass wir längst zu Zombies geworden sind. Irgendwo aus der Ferne würden wir die Schreie eines Kettensäge-Massakers hören, sofern wir beide Ohren unser eigen nennen würden. Immerhin haben wir ein eiskaltes Händchen frei, welches dabei helfen kann, unseren Kumpel Pinhead von all diesen Nägel an - beziehungsweise in- seinem Kopf zu befreien. Echt jetzt, sein Ghostface sah auch schon mal glücklicher aus, aber vielleicht ist es auch nur sein üblicher Ausdruck dafür, dass er nicht nur tote Menschen sehen kann, sondern eben auch Lebende. Einer davon steht nun hinter uns. Pech, dass wir diesem braungebrannten, blutüberströmten Typen nicht bemerkt haben. Als dieser seine Kettensäge durch uns zieht, denken wir noch bei uns: "Ach Ash, der Tanz der Vampire ist doch längst Geschichte".


Kritik:

(spoilerfrei)

Als im Jahre 1975 ein damals relativ unbekannter amerikanischer Filmemacher Kinogängern ihren Strandurlaub vermieste, indem er eine kleine Haifischflosse aus dem Wasser ragen und dabei bedeutungsschwangere Musik laufen liess, waren drei Dinge offensichtlich geworden:

Erstens: Man konnte mit einer Investition von lächerlichen sieben Millionen Dollar einen Blockbuster abliefern, der stolze vierhundertsiebzig Millionen wieder einnahm.

Zweitens:  Es gibt Leute, die haben tatsächlich gerne Angst und zahlen auch noch dafür.

Drittens: In wirklich guten Horrorfilmen braucht man nichts zu zeigen, weil der Horror welcher nur im Kopf stattfindet, viel ausgeprägter und beklemmender sein kann, als dass was eine Leinwand präsentieren könnte.

Wenn Sie also zur Gattung Mensch gehören, die mindestens zwanzig Referenzen der oben genannten Geschichte erkennen und den entsprechenden Filmen zuordnen können, ist "Mr. Babadook" vielleicht eine kleine Enttäuschung. Allen anderen sei dieser Film wärmestens ans (hoffentlich starke) Herz gelegt

Das Debütwerk der australischen Regisseurin Jennifer Kent reisst sicherlich keine Bäume aus. Zimmerpflanzen aber allemal, die sich geradezu monströs entwickeln könnten, so als ob sie aus dem kleinen Horrorladen irgendwo downtown aller Klischees stammten. Sie merken schon, eigentlich will ich nichts über diese kleine Genreperle verraten, die mit geradezu minimalistischen Mitteln dem Zuschauer ein ständiges Unwohl- und Angespanntsein einjagt. Statt literweise Blut gibt es fast schon ein psychologisches Melodram der alleinstehenden Mutter Amelia und ihres nervenden kleinen Balges Samuel. Eine schlichte Spuckgeschichte mit viel Spielraum für Interpretation und einer grandiosen Geräuschkulisse, die die üblichen Grusler made in Hollywood so dumpf und banal klingen lässt wie die üblichen Songs von Kanye West.

Der kleine Samuel malträtiert so ziemlich jede Person in der nahen Umgebung (inklusive Kinogänger) mit seinen Monsterfantasien, den damit einhergehenden selbstgebauten Abwehrwaffen, seinem unaufhörlichen Gequassel und einer Mutter-Fixierung, die im harmlosesten Fall als extrem zu bezeichnen wäre. Als sich Samuel eines Nachts ein Bilderbuch mit dem Namen "Mister Babadook" aus dem Regal zieht, um es sich vorlesen zu lassen, erkennt Amelia, dass dieses Buch mehr ist als nur ein düsteres Werk einer unheilvollen Ankündigung.

"Babadook" zeigt die aufkeimende Bedrohung als Wildcard. Eine Situation, in der das eigentlich von Harmonie geprägte Grundbild einer Mutter-Sohn-Beziehung immer mehr zerreisst und das Verhältnis zwischen ihnen im Sinne der Pädagogik von beiden Seiten verletzt und missachtet wird. Die Situation spitzt sich so weit zu, bis sie irgendwann explodiert. Der Horror kommt dabei so subtil und packend rüber, wie man es beispielsweise aus "Shinning" mit Jack Nicholson kennt. Zuweilen verspürt man den Wunsch, das Kino zu verlassen, weil man die Härte nicht mehr ertragen möchte. Wohlgemerkt, der Film ist frei von Splatter. Die Geschichte ist so clever arrangiert und so eindrücklich gespielt, dass der Horror nicht daraus resultiert, was Mister Babadook mit dir anstellen wird, sondern darin, dass er dir die verstörenden Grausamkeiten vorhersagt, die du selbst tun wirst.

Erreicht wird dies, wie schon angedeutet, durch die hervorragenden Darsteller Essie Davis und Noah Wiseman, deren nuanciertes Spiel noch lange in Erinnerung bleiben wird. Gleichzeitig auch durch das Setting, welches stetig eine Düsternis, Leere und Ausweglosigkeit suggeriert und damit unterschwellig Druck auf den Kinozuschauer ausübt. Jennifer Kents Film ist voller Metaphern und funktioniert fernab der unsäglichen Holzhammer-Horror-Streifen, mit denen sich Genrefans (un)gerne viel zu oft foltern lassen.

Klingt alles nach Meisterwerk. Schlussendlich muss sich aber auch "Babadook" damit abfinden, dass das Ende sehr eigenwillig geraten ist und man sich das Erscheinen des dunklen Misters gern öfter gewünscht hätte.



Fazit:

Ein hochspannender Horrorstreifen, der viel Raum für Interpretation lässt. Ein Film, den man einerseits psychologisch, andererseits paranormal erklären könnte. Packende Atmosphäre, auftrumpfende Darsteller, schlicht eine tolle Alptraumgeschichte.


Wertung: 8 / 10



Regie: Jennifer Kent
Drehbuch: Jennifer Kent
Darsteller: Essie Davis, Noah Wiseman, Tim Purcell, Peta Shannon





(Review Randolph Sutter)


Samstag, 2. Mai 2015

"Avengers - Age of Ultron"


Inhalt:

Als Tony Stark versucht, ein nicht mehr aktives Friedensprogramm neu zu starten, entwickeln sich die Dinge in die falsche Richtung und die mächtigsten Superhelden der Welt, bestehend aus Iron Man, Captain America, Thor, dem Unglaublichen Hulk, Black Widow und Hawkeye, müssen sich der ultimativen Prüfung stellen, denn das Schicksal des Planeten steht auf der Kippe. Als sich der böse Ultron erhebt, liegt es an den Avengers, ihn aufzuhalten und ihn an der Durchsetzung seines schrecklichen Plans zu hindern. Schwankende Bündnisse und unerwartete Aktionen führen zu einem epischen und einzigartigen, globalen Abenteuer.


Kritik:

(leichte Spoiler)

"Age of Ultron", pha... von wegen! Es ist das Zeitalter von Marvel. Dem Bunte-Heftchen-Giganten, der die Verlagshäuser ebenso mit Comics überflutet wie die Lichtspielhäuser mit Verfilmungen:

Ant-Man (2015), Captain America 3 (2016), Doctor Strange (2016), Guardians of the Galaxy (2017), Thor: Ragnarok (2017), Avengers 3: Infinity War - Part 1 (2018), Black Panther (2018), Captain Marvel (2018), Avengers 3: Infinity War - Part 2 (2019), Inhumans (2019) nur um die kommenden Kinofilme zu erwähnen. Die gefühlten 300 Marvel-Serien ignorieren wir jetzt einfach mal.

Marvel erntet die Saat die vor vielen Jahren mit "Iron Man" gesät wurde. Hauptkonkurrent DC versucht zwar alles, um dem Lieblings-Erzfeind die  Stirn zu bieten, doch deren Schild ist scheinbar unüberwindbar. Marvel weiss einfach, wo der Hammer hängt und scheint alles richtig zu machen. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich die Kinogänger prächtig amüsieren, wenn ein US-Playboy mit einem Gott der nordischen Mythologie, einem Relikt aus dem zweiten Weltkrieg, einer russischen Spionin, einem Beinahe-Robin-Hood und einem grünen Hünen gegen finstere Aliens und einen Bruder kämpfen, der ja nur die Weltherrschaft an sich reissen möchte? Grund für den Erfolg dürften die Charaktere sein, die genauso perfekt ausgearbeitet wie gecastet wurden. Der (fast) immer treffende Humor, die überraschend guten Drehbücher und die Dollarscheine, welche den Jungs und Mädels rund um Filmproduzent Kevin Feige zur Verfügung stehen.

Sich in dem schier unendlichen Comic-Kosmos zurecht zu finden, ist inzwischen recht anstrengend, zumal Marvel selbst vor Verfilmungen von hierzulande gänzlich unbekannten Figuren nicht zurückschreckt (Stichwort Waschbär-Baum-Duo). Dennoch fragt man sich langsam, ob der Zenit nicht überschritten ist. Erste Anzeichen offenbart nun "Avengers - Age of Ultron".

Jede Fortsetzung möchte den Erstling übertreffen. Doch da "Avengers" bereits so eine Art Finale der vorherigen Comicverfilmungen war, wurde es für Regisseur Joss Whedon  schwer, eine noch grössere Bedrohung zu schaffen. ACHTUNG SPOILER: Fans der Filme wissen genau, dass mit "Captain America 3" demnächst ein Bürgerkrieg stattfinden wird, in welchem Tony Stark (Robert Downey Jr.) auf der einen und Steve Rogers (Chris Evans) auf der anderen Seite anzutreffen sind. SPOILER ENDE. Und der zwar scheinbar unendliche, aber auf zwei Teile zu reduzierende "Infinity War" ist auch schon für das Jahre 2018 angesetzt. Das Ultron-Zeitalter dauert also nur knapp zweieinhalb Kinostunden und ist nur etwas mehr als eine Fussnote im Marvel Cinematic Universe.

Whedon liefert ein stimmiges Werk ab, welches sich jedoch an seinem genialen Erstling messen muss. So toll die Action wieder inszeniert ist, so schön die kleinen Sticheleien zwischen der Heldentruppe sind, es lässt sich nicht leugnen, dass der Bösewicht Ultron ein schlechter Witz ist. Die Tatsache, dass Tony Stark, aka "Iron Man" eigentlich der Auslöser für die ganze Misere ist, wird mit ein paar Sätzen weggewischt und Finsterling Ultron ist beileibe keine solche Gefahr wie beispielsweise Loki aus Teil 1. Und auch nicht so clever. Der Bösewichts-Roboter mit Hang zum Grössenwahn, wird zwar durch die Darstellung und Stimme von James Spader vor einem Desaster gerettet und hat ein paar nette Dialogzeilen, mehr aber auch nicht. Mit seiner Idee, wie er die Menschheit ausrotten kann, schrammt er haarscharf an einer Parodie vorbei, wie sie in einer Episode der Zeichentrickserie "Pinky and the Brain" hätte vorkommen können. Zumindest wäre Dr. Evil ("Austin Powers") mächtig stolz.

Das damit einhergehende Problem, der fehlenden Spannung, schadet dem Film dank vielen netten Charakterszenen eher weniger. Und überaschenderweise schafft es Whedon, allen Haupt- und Nebenfiguren gerecht zu werden und jedem Schauspieler tolle Szenen zu geben. Nicht schlecht bei einem 8-köpfigen Team voller Alphatieren.

Etwas unverständlich ist die Tatsache, dass de facto keine vergangenen Ereignisse eine Rolle spielen und auch keine kommenden ihre Schatten voraus werfen. Schade. Klar, der neue Film will eigenständig sein, doch wenn die grösste Überraschung zwar witzig, aber prinzipiell völlig egal ist, dann mag man sich für Hawkeye (Jeremy Renner) freuen, versteht aber auch, wieso er vermutlich nie einen eigenen Solofilm erhalten wird.

Die neuen Figuren sind so zahlreich wie facettenarm. Quicksilver (Aaron Taylor-Johnson) und Scarlet Witch (Elizabeth Olsen) sind ganz okay, doch Letztere ist definitiv einen Tick zu mächtig gestaltet. Einen kleinen Vorab-Cameo leistet sich Andy Serkins, welcher sich kurz zu Ultron gesellen darf, ehe er vermutlich eine grössere Rolle im kommenden "Black Panther"-Film spielen wird. Paul Bettany alias Jarvis entkommt der reinen Stimme und darf diesmal sogar schauspielern.

Vermutlich ist es eine weise Entscheidung von Joss Whedon, das Zepter weiterzureichen und den nächsten Teil nicht mehr selbst zu inszenieren. Schlussendlich fehlt dem Film die Leichtigkeit, mit dem der Vorgänger zu begeistern vermochte.



Fazit:

Hiermit ist Marvels Phase Zwei abgeschlossen. Der Film ist, wie nicht anders zu erwarten, eine überbordende Material- und Effektschlacht geworden, an deren Gigantomatie und Spektakel man sich aber langsam sattgesehen hat. Auch ein Kunststück, welches man erst einmal vollbringen muss. So stechen auch mehr die humorvollen, gelungenen Charakterszenen heraus, von denen der Film einige zu bieten hat.


Wertung: 7 / 10



Regie: Joss Whedon
Drehbuch: Joss Whedon
Darsteller: Robert Downey Jr., Chris Hemsworth, Chris Evans, Jeremy Renner, James Spader, Elizabeth Olsen, Scarlett Johansson, Cobie Smulders, Idris Elba, Samuel L. Jackson, Mark Ruffalo, Andy Serkins, Paul Bettany, Stellan Skarsgard u.a.




(Review Randolph Sutter)

Samstag, 25. April 2015

"Ex Machina"


"Wir wussten, die Welt würde nicht mehr dieselbe sein. Ein paar Leute lachten, ein paar Leute weinten, die meisten waren still. Ich erinnerte mich an eine Zeile aus der Hindu-Überlieferung, der Bhagavad Gita. Vishnu versucht den Prinzen zu überzeugen, dass er seine Pflicht zu tun habe und, um ihn zu beeindrucken, nimmt er seine vielarmige Gestalt an und sagt: »Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer von Welten.« Ich denke, auf die ein oder andere Weise dachten wir das alle."

Zitat von Robert Oppenheimer zu den Ereignissen am 16. Juli 1945 auf dem Testgelände "White Sands Missile Range", als die erste Atombombe gezündet wurde.


Inhalt:

Per Hubschrauber wird tief im Nirgendwo der junge Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson) abgesetzt, weil er bei einer firmeninternen Lotterie ein Treffen mit dem CEO und Gründer von Blue Book, Nathan Garrick (Oscar Isaac) gewonnen hat. Der ebenso lockere wie charismatische Garrick möchte von seinem Mitarbeiter, dass dieser den sogenannten Turing-Test durchführt. Er soll die künstliche Intelligenz testen, die sich unter der Hülle der sinnlichen Roboterfrau Ava verbirgt. Doch der wissenschaftliche Versuch mündet in einem psychologischen Duell, in dem die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verwischen.


Kritik:

(spoilerfrei)

Machen wir einen kleinen Exkurs. 1982 hat der australische Philosoph Frank Cameron Jackson ein Gedankenexperiment vorgestellt, das unter dem Namen "Marys Zimmer" bekannt wurde:

"Mary ist eine brillante Wissenschaftlerin, die, aus welchen Gründen auch immer, gezwungen ist, die Welt von einem schwarzweißen Raum aus mithilfe eines schwarzweißen Fernsehmonitors zu untersuchen. Sie spezialisiert sich auf die Neurophysiologie des Sehens und eignet sich, wie wir annehmen wollen, alle physikalischen Informationen an, die verfügbar sind, über das, was passiert, wenn wir reife Tomaten oder den Himmel sehen, und Begriffe wie rot, blau usw. benutzen. Sie entdeckt zum Beispiel, welche vom Himmel ausgehenden Wellenlängen-Kombinationen genau die Netzhaut stimulieren, und wie genau dies mithilfe des zentralen Nervensystems ein Zusammenziehen der Stimmbänder und Ausstoßen von Luft aus der Lunge hervorruft, das zur Äußerung des Satzes ‚Der Himmel ist blau’ führt. […] Was wird passieren, wenn Mary aus ihrem schwarzweißen Raum gelassen wird oder wenn man ihr einen Farbfernseher gibt? Wird sie etwas lernen oder nicht?"

Vereinfacht gesagt, stellen wir uns eine Person vor, die alles weiss, was es in der Wissenschaft der Farbwahrnehmung zu wissen gibt, die jedoch selbst nie Farbe "erlebt" hat. Die Frage, die Jackson somit aufwirft, lautet: Lernt diese Wissenschaftlerin etwas Neues, wenn sie zum ersten Mal eine Farbwahrnehmung ausserhalb ihres schwarzweissen Gefängnisses hat?

Sind Sie noch da? Gut, dann scheint "Ex Machina" etwas für Sie zu sein. Das Regiedebüt von Drehbuchautor Alex Garland ("28 Days Later", "Sunshine", "Dredd") ist ein 11 Millionen Dollar kleiner Science-Fiction-Film, der grosse Fragen stellt. Ein ambitioniertes, zum Denken anregendes Kammerspiel ohne Action, aber mit viel Spannung.

Im Zentrum steht die Frage, ab wann wir erkennen, ob eine Maschine wirklich denken kann und ein Bewusstsein entwickelt hat.

Im Gegensatz zu dem in den 1950er entwickelten Turing-Test, bei dem ein Mensch seinem anonymen Gegenüber nicht hätte ansehen sollen, ob er es mit einer Maschine oder einem denkenden Wesen zu tun hatte, wird hier Caleb direkt vor Ava hingesetzt. Anfangs fasziniert und belustigt zugleich weicht das schlichte, fast kindliche Plaudern bald einem Gefühlssturm, aus dem sich Caleb nicht mehr zu befreien vermag.

Alex Garland ist etwas ganz Besonderes gelungen. Ein Film, der geradliniger nicht sein könnte und dennoch zu überraschen vermag. Ein Film, der sich Zeit lässt und langsam ist, die Spannungsschraube aber bereits ab der zweiten Minute steigert und den Zuschauer nicht mehr loslässt, ihn einlädt, sich selbst Gedanken zu machen, Schlussfolgerungen anzustellen, und ihn doch immer wieder manipuliert. Ein Streifen voll von raffinierten, doppelbödigen Dialogen, besetzt mit drei grossartigen Darstellern, eingebettet in eine toll designte Bühne, umrundet von einer stimmungsvollen Musikuntermalung.

Besonders hervorzuheben ist Alicia Vikander, deren Mimik und Bewegungen den Robotercharakter Ava immer auf dem schmalen Grat zwischen Maschine und Mensch hält, ohne eine Seite davon je wirklich zu bevorzugen.


Fazit:

"Ex Machina" ist ein Film, der philosophische und komplexe Fragen aufwirft und die Beantwortung stellenweise dem Zuschauer überlässt. Ein grossartiges Science-Fiction-Werk, dem klar ist, dass es nicht darum geht, ob wir irgendwann eine künstliche Intelligenz erschaffen werden, sondern nur, wann es soweit sein wird. Atmosphärisch dicht. Grossartig gespielt und endlich wieder ein Beweis, warum gerade die Science-Fiction das beste Genre ist. Fernab von Materialschlachten und finsteren Aliens lädt es die Zuschauer zu Interpretationen und Diskussionen ein.


Wertung: 8 / 10



Regie: Alex Garland
Drehbuch: Alex Garland
Darsteller: Oscar Isaac, Alicia Vikander, Domhnall Gleeson, Sonoya Mizumo





(Review Randolph Sutter)