Inhalt:
In
einer postapokalyptischen Welt wird der ehemalige Polizist Max Rockatansky (Tom
Hardy) von den irren Schergen des Tyrannen Immortan Joe gefangen genommen. Auf
seiner Flucht trifft er auf Furiosa, die eine ganz spezielle Fracht über die
Fury Road führt.
Kritik:
(spoilerfrei)
Der
alte Mann und die Strasse.
"Mad
Max: Fury Road" ist nichts weniger als ein psychopathisches Monster. Ein
irrer, donnernder Alptraum aus Stahl. Ein völlig durchgedrehtes, brutales, benzingeschwängertes
Kind.
"Mad
Max: Fury Road" ist vor allem das Werk eines 70jährigen (!) Visionärs, der
aktuelle Actionfilm-Regisseure wie Michael Bay ("Transformers") und
James Wan ("Fast & Furios 7") wie blutige Anfänger aussehen
lässt.
30
Jahre ist es her, als George Miller ("Ein Schweinchen namens Babe",
"Happy Feet") seinen letzten "Mad Max" ins Kino brachte.
Eine Reihe, die 1979 begann und 1985 mit Tina Turners
grossartigem Song "We Don't Need Another Hero" ins "Jenseits der
Donnerkuppel" verbannt wurde. Als vor 14 Jahren die Pläne für den neuen
"Mad Max" starteten, war dies eine Leidensgeschichte, bei der es
erstaunt, dass dieser Streifen jemals die Lichtspielhäuser erreicht hat. Normalerweise
ein furchtbar schlechtes Zeichen für einen guten Film.
Doch
als hätte Miller noch eine letzte Rechnung offen, rollt sein Film mit einer
Bildgewalt und Blechorgie über die Kinozuschauer, wie man es noch nie gesehen,
ja noch nie gespürt hat. Eine abstossende Schönheit, eine staubige Poesie und,
wer hätte es gedacht, eine Ode an die Frauen.
Von
der ersten bis zur letzten Minute gibt dieser Film Gas, suhlt sich in
kakophonischen Zerstörungsorgien, reiht Explosion an Explosion und lässt einen
das berstende Metall der irrwitzigen Maschinen, die fliegenden Leiber der
kreischenden War Boys und den blutdurchtränkten Wüstensand inmitten eines
Sturms erlebbar machen. Faktisch liefert Miller hier den Beweis ab, dass
Computereffekte eben nach wie vor echte Szenen nur ergänzen, aber nicht
ersetzen können. Was hier in handwerklicher, technischer Perfektion auf den
Kinozuschauer hereinbricht, ist wahrlich verrückt und spottet jeglicher
Beschreibung. Doch obschon sich der Film fast keine ruhige Minute lässt, sind
es die wenigen ruhigen Momente und die Charakterzeichnungen, die dazu führen,
dass dieser Film zusammen mit der Action das Prädikat
"aussergewöhnlich" verdient. Dies
bei einem Werk, dessen Story nicht schlichter sein könnte, deren Charaktere
nicht minimalistischer gezeichnet sind und deren Dialoge auf ein paar wenigen
Seiten Papier druckbar wären. Eine Geschichte über Unterdrückung, Freiheit und
das Recht auf Selbstbestimmung.
Die
optische (wie auch musikalische) Gestaltung lässt einen staunen. Fast die
komplette Figurenzeichnung geschieht visuell ohne grosse sprachliche
Erläuterung. Die grösste Überraschung ist aber der wahre Hauptcharakter der
Geschichte, Imperator Furiosa (Charlize Theron). Max selbst ist nur Mittel zum
Zweck. Es ist geradezu herrlich und erstaunlich, wie Miller die Frauen als die
starken, mutigen, intelligenten Wesen zeigt, die sich den wilden Barbaren von
Männern entschlossen entgegenstellen. Eine winzige, beiläufige Szene, in
welchem Rosie Huntington-Whiteley ("Transformers - Dark of the Moon")
einen Keuschheitsgürtel durch die Dünen tritt, erscheint dabei wie ein
Regisseur-Kommentar an die Genrekonkurrenz, wie stark man Frauen porträtieren
kann, indem man sie wichtig nimmt und nicht einfach als sexy Accessoire in
Filmen verheizt. Es ist dem Regisseur hoch anzurechnen, dass sein neuer
"Mad Max", obschon er eigentlich nur eine zweistündige
Verfolgungsjagd zeigt, die Narration also vollkommen linear gehalten ist, den
Zuschauer nicht dazu verdonnert, sein Hirn abzuschalten. Der Film bietet
erstaunlich viel Herz und Seele in der ebenso trostlosen wie hoffnungslosen
Welt, in der er spielt.
Fazit:
Für Leute, die dem
Endzeit-Genre etwas abgewinnen können, ist "Mad Max: Fury Road" ein
Muss. Alle anderen werden damit ohnehin nicht glücklich werden, egal wie gut
der Film ist. Zu abgedreht, zu verrückt das Gezeigte. Doch die, die das Genre
schätzen, erwartet ein bildstarkes Meisterwerk des Actionkinos, das in Sachen
Cinematographie neue Massstäbe setzt. Schlicht die neue Referenz. Einziger
Wermutstropfen ist die Figur des Max
Rockatansky, die erstaunlich wenig zu tun hat und beinahe zum
Nebendarsteller degradiert wird.
Wertung: 9 / 10
Regie:
George Miller
Drehbuch:
George Miller, Brendan McCarthy, Nick Lathouris
Darsteller:
Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Rosie Huntington-Whiteley, Zoe
Kravitz
(Review
Randolph Sutter)