Montag, 4. Januar 2016

"Star Wars - The Force Awakens"

Intro:

Multitalent J.J. Abrams ist der erste Filmemacher, der sowohl bei Star Trek als auch bei Star Wars die Regie übernahm, was beinahe einem Sakrileg gleichkommt. Dieses liebevolle Geplänkel zwischen Warsler und Trekkies habe ich nie verstanden. Warum das eine besser sein sollte als das andere. So unnötig. So sinnlos. Ist es nicht völlig klar, welches das bessere Science-Fiction-Universum ist? Selbstverständlich würde die Enterprise den Millennium Falcon in ein solches Stück Schrott verwandeln, dass selbst Boba Fett dafür keinen einzigen Barren goldgepresstes Latinum erhalten würde. Natürlich ist Spock besser als Yoda, selbst wenn es nur die Grammatik-Skills betrifft. Logischerweise würde Darth Vader die dunkle Seite der Macht gegen sich selbst einsetzen, weil Captain Picard ihn mit unwiderlegbaren Argumenten dazu bringen würde. Der Todesstern hätte niemals auch nur einen einzigen Planeten zerstören können, wäre die Deep Space Nine Station im Orbit gewesen. Leia Organas Frisur? Nichts gegen das, was Kathryn Janeway auf der Voyager getragen hat. Die Kampfkünste von Darth Maul? Pha, Worf hätte sein Bat'leth gezogen und aus dem Sith-Lord wäre bloss eine schlabbrige Portion Gagh übrig geblieben, die selbst Service-Droide R2D2 in einem dunklen Sarlacc-Schlund entsorgt hätte. Jabba the Hutt wäre unter Umständen zum Imperator aufgestiegen, sofern er einen Ferengi bei sich gehabt hätte und last but not least, selbst die Red-Shirts hätten endlich mal überlebt, wären sie je gegen die Sturmtruppen in den Kampf gezogen. Nein, welches Universum besser ist, diese Frage erübrigt sich.

Um der Wahrheit jedoch Genüge zu tun, es gibt de facto eine einzige Sache, die Star Wars extrem viel besser gemacht hat und in welchem Onkel George (Lucas) gegenüber Onkel Gene (Roddenberry) zum klaren Sieger gewählt werden muss. Das Trek-Universum hat sich sichtlich bemüht, aber in diesem einzigen Punkt total versagt. Der Titel des wohl nervigsten Charakters aller Zeiten gewinnt nicht Wesley Crusher, sondern Jar Jar Binks. Mit Abstand.

Gut, nachdem das geklärt wäre, widmen wir uns den Jedis.

Die helle Seite der Macht:

Der Lack ist ab, und das ist die beste Nachricht seit der grauenhaften zweiten Trilogie. Wir haben es hier mit einem waschechten Star Wars-Abenteuer zu tun, welches den Charme der frühesten Trilogie mit Leichtigkeit einfängt und weiterführt. Die neuen Charaktere harmonieren bestens mit den altbekannten, die Dialoge sind punktgenau, voller Witz und ohne yodaischer Pseudoweisheit, öden politischen Ränkespielen und Teenieromanzen der Marke Fremdschämen. Das war offen gesagt auch zu erwarten, zumal Drehbuchautor Lawrence Kasdan den besten Teil der bisherigen Reihe, namentlich "The Empire strikes back" sowie den fantastischen "Indiana Jones" geschrieben hat. Der Film ist dermassen unterhaltsam geworden, dass er vermutlich fast als Lehrstück eines perfekten Blockbuster-Movies gelten könnte. Er wurde stimmungsvoll von Regisseur Abrams inszeniert und sieht in jeder Einstellung schlicht fantastisch aus. Endlich keine überbordende CGI-Orgie mehr sondern echte Handarbeit. Man kann den Machern hierfür nicht genug Lob aussprechen. Abrams Werk wäre vermutlich sogar der beste Teil der Reihe geworden, wenn sich der Maestro aus dem Drehbuch herausgehalten hätte.

Die dunkle Seite der Macht:

Nicht alles strahlt hell in der Galaxis. Egal wie stimmungsvoll der Film auch inszeniert ist, der grösste Kritikpunkt geht direkt auf die Kappe von Abrams. Zieht man die rosarote Fanbrille nämlich ab und ersetzt sie durch Geordi LaForges Visor, erkennt auch ein Blinder das "The Force Awakens" genauso ein unoriginelles Remake von "A New Hope" ist wie "Star Trek Into Darkness" eines von "The Wrath of Khan" war. Alle Elemente von Teil vier und stellenweise auch fünf finden sich in der neuen Trilogie wieder.

VON SPOILERN DU MUSST GEWARNT SEIN, JUNGER PADAWAN: Beginnend mit einem kleinen süssen Droiden, dem eine geheime Nachricht anvertraut wird, der eine Wüste durchquert, gefangengenommen wird, einen jungen machtbegabten Menschen trifft (ohne Eltern), der eigentlich davon träumt, von dem öden Planeten wegzukommen, vor dem finsteren Imperium mit dem Millennium Falcon flieht etc., geht es weiter zur übergrossen Sternenvernichtungswaffe. Dann noch diverse bekannte Momente wie die Cantina-Szene,  Flug durch den Kanal, Countdown-Finale, Tod eines Mentors, Traum der Macht, Ich-bin-dein-Vater-Moment, alles drin. Der Film folgt so exakt der gleichen Handlung wie Episode 4 (und stellenweise 5), dass ich auf die Fortsetzung 2017 nur deswegen noch gespannt warte, weil ein anderer Regisseur das Zepter übernehmen wird. Ansonsten würde es weitergehen mit der Ausbildung zum Jedi, während der Rebellen... pardon... der Widerstands-Stützpunkt vom Imperium... sorry... der First Order angegriffen wird. SPOILER ENDE.

Es muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er dies alles als Hommage betrachtet oder einfach als das, was es ist: ein Wiederaufguss, der so schrecklich fade ist, dass er die guten Teile des Filmes torpediert, ein billiges Kopieren von Storypunkten mangels eigenen Ideen und Visionen. Klar, auch die anderen Filme gewinnen sicherlich keinen Originalitätspreis. Das Traurige hier ist einfach, dass es dieses Kopieren schlicht und ergreifend nicht gebraucht hätte. Wenn man sich das ganze chronologisch anschaut, wurde nun bei vier Filmen hintereinander dreimal eine sternengrosse Superwaffe eingeführt, deren Schwachstellen jeweils leicht mit einem Raumschiff zerstörbar war. Wie bitte, das kann man nicht vergleichen? Stimmt, die Starkillerbase war sicherlich doppelt so gross wie der Todesstern. Das macht das ganze jedoch auch nicht spannender.

Leider leistet sich der Streifen einen weiteren derben Schnitzer, da eine Story in erster Linie von den Hauptcharakteren getrieben werden sollte. Hier wird alles dem Zufall überlassen. Die Figuren sind immer rein zufällig genau da, wo rein zufällig genau das passiert, was die Geschichte weiterbringt. Und zwar schlicht und ergreifend jedes Mal. Irgendwie überraschend, dass Mister Zufall nicht in den Credits genannt wird, er hätte seinen Platz zwischen den tollen Darstellern reichlich verdient. Auch über die Plausibilität sollte tunlichst den Mantel des Schweigens gelegt werden, um den Film nicht noch weiter abzuwerten.

Ich meckere auf hohem Niveau. Die Kritikpunkte machen den Film nicht unbedingt schlechter, jedoch kraftloser und weniger aufregend. Nach zwanzig Minuten weiss der langjährige Fan, welchen Weg der Film einschlagen wird, was kommt, wohin es geht, sogar wer auf der Strecke bleibt. Er konzentriert sich nicht mehr auf die erzählte Geschichte sondern auf die zahlreichen Versatzstücke. Einigen wird dies völlig egal sein, alle anderen werden erkennen, dass sich Abrams unglaublich Mühe gegeben hat, dem Film den geliebten Look und das Feeling des 70er-Jahre Star Wars einzuhauchen, sich dafür jedoch kaum die Arbeit gemacht hat, eine eigene Geschichte zu erzählen. Die bekannte Leier, der Film ist schlussendlich mehr für die neuen Zuschauer gedacht und weniger für die alten Fans.


Fazit:

Der Film ist für Neulinge der perfekte Einstieg ins Star Wars Universum und bietet alles, was ein sympathisches Science-Fiction-Erlebnis bieten sollte. Charaktere, mit denen man mitfiebert, fantastische Welten, tolle, aber unaufdringliche Effekte, Witz und Action. Rundum gelungen. Kenner der alten Trilogie sollten ihre Erwartungen jedoch herunterschrauben.

Wertung: 8 / 10



Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Lawrence Kasdan, J.J. Abrams, Michael Arndt
Darsteller: Harrison Ford, Daisy Ridley, Oscar Isaac, John Driver, Carrie Fisher, John Boyega u.a.





(Review Randolph Sutter)