Kritik:
(Ohne Spoiler)
Und wieder eine
dreiteilige dystopische Jugendbuchverfilmung.
Und wieder eine
Liebesromanze, in welcher eine junge Frau die Hauptrolle spielt.
Und wieder teilt man den
letzten Band in zwei Filmteile, um noch mehr Kohle zu scheffeln.
Immerhin haben wir es
hier aber nicht mit "Twilight" zu tun.
Was nicht oft genug
beton werden kann.
Immerhin haben wir es
hier ja nicht mit "Twilight" zu tun.
Weswegen ich das auch
nochmals gerne wiederhole!
Wir wollen den
inflationären Gebrauch eines Ausrufezeichens jedoch nicht übermässig
beanspruchen, aber nur damit dies auch jedem klar ist: Immerhin! Kein! "Twilight"!
Damit wäre der Kinoabend
bereits gerettet. Zumindest fast.
"Divergent"
gibt sich reichlich Mühe, kein zweites "Hunger Games" zu sein,
obschon das (übrigens gleiche) Filmstudio zumindest finanziell gesehen dies selbstverständlich
zum Ziel hat. Hier wie dort gibt es eine charismatische weibliche Hauptfigur,
einen eher blassen männlichen Helden und eine nicht immer ganz logische
Liebesbeziehung – als ob die Liebe der Logik folgen würde, zugegeben. Das alles
ist eingebettet in einer interessanten Welt. "Divergent" erinnert
einen trotzdem ständig an die "Tribute von Panem", und es ist völlig
egal, wie sehr sich die Romanautorin Veronica Roth bemüht, allen mitzuteilen,
dass sie ihre Idee zum Buch viel früher hatte. Ich persönlich sehe auch heute
noch das Aufblitzen eines Obi Wan Kenobis in Gandalfs Charakter, obschon
Tolkiens Weltbestseller fraglos älter ist als Lucas‘ Sci-Fi-Saga. Doch hier
liegt auch gleich die Stärke von "Divergent", denn so wie Sir Ian McKellen
in "Herr der Ringe " locker gegen einen Sir Alec Guinness aus "Krieg
der Sterne" bestehen kann, schafft es auch Shailene Woodley mit einer Leichtigkeit gegen Jennifer Lawrence anzukommen. "Divergent" steht und fällt mit ihr, aber
das Talent aus "The Descendants" verleiht dem Film eine gewisse
Glaubwürdigkeit, die dem Film mit seiner kruden Gesellschaftsstruktur
eigentlich völlig abgeht.
Regisseur Neil Burgers
Inszenierung fängt das zukünftige, teilweise verfalle Chicago in aufregenden
und ruhigen Bildern ein und gönnt dem Zuschauer auch in Actionszenen einen
Überblick, ohne einen neuen Rekord in Sachen Schnitt pro Sekunde aufstellen zu
müssen. Sehr löblich.
Ein wenig überraschend
ist es allerdings schon, wie sehr er sich mit der Geschichte Zeit lässt. Zu
Beginn dümpelt sie so sehr vor sich hin, dass einem unweigerlich auffällt, wie
schwach Hans Zimmers Soundtrack geworden ist. Per se ist Burgers Entscheidung allerdings
absolut richtig und zielt dahin ab, dass man sich wohl ziemlich sicher ist, die
vollen vier Filme drehen zu können. Trotzdem, ein packender und dramatischer
Film ist dadurch nicht entstanden. Die Charaktere lassen einen seltsam kalt, die
Story folgt stur Schema X, die Welt an sich ist mehr skizziert als logisch
ausgearbeitet, aber der Unterhaltungswert ist trotzdem gegeben. Dieser erste
Teil erscheint wie ein Vorgeplänkel, ein Prolog, und man möchte durchaus wissen,
wohin das alles führen wird. Der grösste Fehler leistet sich der Streifen
dadurch, dass er seine weibliche Hauptfigur mit der wichtigsten Frage zurücklässt,
welche auch dem Kinogänger nicht erklärt wird. Warum sind Unbestimmte
eigentlich so gefährlich?
Fazit:
"Divergent" –
die Bestimmung. Bestimmt kein Meisterwerk, bestimmt auch kein Rohrkrepierer.
Für einen netten Filmabend ohne grosse Ansprüche sicherlich ausreichend.
Vorwiegend überraschungsarm, vorhersehbar und mit ebenso viel Klischees wie
Längen gefüllt. Für die kommende Fortsetzung muss einiges getan werden, sonst
dürften die geneigten Zuschauer das Ende dann eher nachlesen.
Wertung: 7 / 10
Regie:
Neil Burger
Drehbuch:
Evan Daugherty, Vanessa Taylor, Veronica Roth (Buch)
Darsteller:
Shailene Woodley, Theo James, Ashley Judd, Maggie Q, Kate Winslet
(Review
Randolph Sutter)